Gen Z - Für Entscheider:innen

Gen Z - Für Entscheider:innen

von: Annahita Esmailzadeh, Yael Meier, Stephanie Birkner, Julius de Gruyter, Hauke Schwiezer, Jo Dietrich

Campus Verlag, 2022

ISBN: 9783593452401 , 192 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 18,99 EUR

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Gen Z - Für Entscheider:innen


 

Jung, digital, sozial – was bewegt die Gen Z? (Nari Kahle)


NARI KAHLE

Dr. Nari Kahle ist Head of Strategic Programs bei CARIAD SE, dem Software- und Technologieunternehmen im Volkswagen Konzern, und Autorin des Buchs Mobilität in Bewegung. Zuvor arbeitete sie unter anderem als Leiterin für soziale Nachhaltigkeit im Volkswagen Konzern, wozu auch der Aufbau und die Leitung eines konzernweiten Programms für junge Menschen zu digitalen sozialen Innovationen gehörte.

Wie ein Konzern den Kontakt zur jungen Generation suchte

In den vergangenen Jahren durfte ich im Rahmen eines Programms intensiv mit der Generation Z zusammenarbeiten. Doch hatte ich mir das im Vorfeld deutlich einfacher vorgestellt. Mit vielen Herausforderungen und so einigen Fallstricken hatte ich nicht gerechnet. Doch dazu später mehr.

Das Ziel war der Aufbau einer jungen Community von Schüler:innen zu digitalen und sozialen Zukunftsfragen. Dieses Programm war Teil des gesellschaftlichen Engagements des Volkswagen Konzerns, um junge Menschen zu neuen Ideen rund um soziale Innovationen zu bewegen und dafür die passenden Methoden, Tools, Konzepte und Inhalte zielgruppengerecht bereitzustellen. Es ging explizit nicht um Recruiting-Maßnahmen, dafür war die Zielgruppe zu jung. Vielmehr wollten wir die nächste Generation kennen lernen, verstehen und in den gemeinsamen Dialog treten: Wie tickt die Generation Greta?

Wir haben ein passendes eigenes Branding für das Programm erarbeitet, die Schüler:innen in den sozialen Netzwerken und an ihren Schulen getroffen und über verschiedene Aktionen und Events jede Gelegenheit genutzt, um mehr von ihnen zu erfahren.

Das Herzstück des Projekts war ein regelmäßiger Wettbewerb, stets ausgerichtet an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Damit sind wir auf die Suche danach gegangen, was die jungen Menschen begeistert und wofür sie sich in ihrer freien Zeit engagieren möchten. Wir haben dafür geworben, ihre Ideen zu teilen, und gemeinsam mit Influencer:innen auf unsere Challenges aufmerksam gemacht. Wir haben die Hintergründe der 17 Nachhaltigkeitsziele erklärt und spannende Preise in Aussicht gestellt. Fast 600 junge Menschen haben sich allein zur ersten Challenge in kleinen Teams angemeldet und ihre Ideen eingereicht. Die 15 besten Teams aus ganz Deutschland luden wir zum großen Finale nach Wolfsburg ein: zur Pitch-Nacht, in der die Teams ihre Ideen vor einer Jury und vor Publikum vorstellen würden.

Die Nacht der Ideen

Es ist dunkel. Etwa 200 Gäste sitzen im Wissenschaftstheater und warten darauf, dass es losgeht. Die Stuhlreihen gehen von unten steil nach oben, damit alle einen guten Blick auf die Bühne haben. Doch das bekämpft nicht gerade die Nervosität der Teams.

Der Moderator begrüßt alle Gäste, die Jury und natürlich ganz besonders die Teams, die es in das Finale geschafft haben. Und diese präsentieren ihre selbst ausgearbeiteten Ideen: rund um ein verbessertes Zusammenleben, Reduzierung von Armut und gemeinsamen Aktionen, um unsere Umwelt zu schützen.

Die jeweiligen Pitches, also die Kurzpräsentationen der Ideen, sind beeindruckend. Einige sprechen so eloquent mit professionell erarbeiteten Folien, dass man schnell vergisst, dass wir es gerade mit Schüler:innen zu tun haben und nicht schon mit Gründer:innen, die seit vielen Jahren nichts anderes tun, als ihre Ideen vorzustellen. Andere wirken zwar in ihrem Auftreten deutlich jünger, aber begeistern mit ihrem Charme und Leuchten in den Augen.

Für die Jury ist es nicht ganz einfach, die Bewertung der unterschiedlichen Teams vorzunehmen, schließlich gibt es ja gute Gründe, warum die Teams es bereits ins Finale geschafft haben.

Doch der Weg dahin war nicht einfach …

Wenn das jetzt allerdings so klingt, als ob ein Aufruf für Ideen ausreicht, damit junge Menschen zahlreich teilnehmen, muss ich dies ein wenig ins rechte Licht rücken. Denn bis auf wenige Ausnahmen war es gar nicht so einfach, die jungen Menschen zu einer Teilnahme zu bewegen. Wir haben daher schnell festgestellt, dass es unterschiedliche Wege braucht, um mit möglichst vielen jungen Menschen ins Gespräch zu kommen und einige von ihnen für eine Teilnahme am Wettbewerb zu begeistern.

Es gibt die Überflieger:innen, also alle diejenigen, die auf solche Chancen und Gelegenheiten warten, um sich und ihre Ideen zu präsentieren. Die Ideen waren oftmals bemerkenswert. Teilweise waren es vollständig durchdachte Geschäftsmodelle, die einen sozialen Zweck verfolgten. Die dazugehörige Präsentation war hochprofessionell, was sich an der Auswahl der Bilder, teilweise auch durchaus eigens angefertigten Videos, Animationen und den dazugehörigen Texten wie auch dem ansprechenden Design der Unterlagen schnell erkennen ließ.

Doch bei vielen Schüler:innen, mit denen wir Kontakt hatten, gab es anfangs erst einmal eine Hürde. Nicht alle haben Themen, für die sie brennen. Nicht alle engagieren sich bereits von sich aus für eine bessere Umwelt oder eine bessere Gesellschaft. Viele sind einfach ganz normale Teenager, die froh sind, wenn die Schule nachmittags vorbei ist. Die nach den Hausaufgaben ihren eigenen Interessen nachgehen wollen – oder auch einfach »chillaxen« wollen (Mischung aus »chillen« und »relaxen«). Und die uns fragen, warum sie sich die Mühe machen sollten, um an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen, der viel Zeit und Aufwand erfordert.

Es gibt vermutlich nicht den einen Weg, der als Patentrezept funktioniert, um junge Menschen zu Aktivitäten zu bewegen, die erst einmal zusätzlichen Aufwand bedeuten. Einige zeigten nach einem persönlichen Gespräch, dass es durchaus Themen gibt, die ihnen wichtig sind – auch wenn es ihnen vielleicht selbst nicht so bewusst war: Aus einem Interesse für Tiere und insbesondere vernachlässigte Katzen und Hunde entwickelte sich so eine vorsichtige Leidenschaft für Tierschutz von heimatlosen Tieren. Aus der regelmäßigen Hilfe für die Großeltern und Nachbar:innen beim Einkaufen entwickelte sich eine Idee für ein nachbarschaftliches Engagement, das über Punktevergaben Anreize erwirken kann.

Bei anderen waren es eher andere Faktoren, die für eine Teilnahme am Wettbewerb sprachen: die Sachpreise (wenn sie interessant genug waren). Die Jury (wenn eine Prominenz oder ein:e Influencer:in mit dabei war). Die Aussicht, als Gewinnerteam mit professioneller Hilfe weiter an der eigenen Idee zu arbeiten. Oder auch schlicht und ergreifend die Aussicht auf ein Zertifikat des Konzerns, was bei möglichen Bewerbungen um ein späteres Praktikum durchaus positiv gesehen wurde. Nicht zuletzt war es auch manchmal die jeweilige Lehrkraft, die mit ihrem großen Engagement dazu beitrug, dass die Klasse sich in Kleingruppen den Aufgaben widmete.

Auf all die unterschiedlichen Gründe zur Teilnahme muss eingegangen werden, damit sie von der Gen Z auch einen Anreiz darstellen. Das geht kaum, wenn Ältere allein die Auswahl an Themen, Sachpreisen, Jury oder Influencer:innen treffen. Es braucht die Gespräche und Einblicke der jungen Menschen, um die richtige Auswahl zu treffen. Ein stetiges Hinterfragen der Entscheidungen und Auswahl. Und die Bereitschaft, immer ...