Baccara Collection Band 433

Baccara Collection Band 433

von: Brenda Jackson, Deborah Fletcher Mello, Kira Sinclair

CORA Verlag, 2021

ISBN: 9783751501019 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,99 EUR

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Baccara Collection Band 433


 

1. KAPITEL

Blakely Whittaker stand hinter ihrem neuen Schreibtisch und starrte auf den Bildschirm ihres Laptops, der auf eine Eingabe wartete. Sie hatte keine Ahnung, was sie als Nächstes tun sollte. Vor ihr lag ein Ordner mit Personalunterlagen, den Becky ihr nach einem Rundgang durch das Gebäude ausgehändigt hatte. Eigentlich müsste Blakely sie durchgehen. Stattdessen sah sie immer wieder von der geschlossenen Tür ihres Büros zu den großen Fenstern, die den Blick auf die Stadt freigaben.

Der Kontrast zur schäbigen Arbeitsnische, in der sie die letzten Jahre gesessen hatte, hätte kaum größer sein können. Auch die Leute hier waren anders. Jeder, den sie getroffen hatte – von Finn DeLuca, dem charismatischen Typen, der ihr den Job angeboten hatte, bis hin zur Rezeptionistin und den Angestellten in der Personalabteilung –, erschien ihr enthusiastisch, freundlich und zufrieden. Ein gewaltiger Unterschied zu der deprimierten Truppe, mit der sie bislang gearbeitet hatte.

Das war eine nette Abwechslung, die sie gut gebrauchen konnte, ebenso wie das höhere Gehalt, das sie für ihre neue Stelle als Leiterin der Buchhaltung bei Stone Surveillance bekam. Doch etwas an der Sache störte sie.

Deshalb stand Blakely, statt sich auf den zweifellos bequemen Schreibtischstuhl zu setzen. In ihrem Kopf lieferten sich zwei Stimmen, die wie ihre Eltern klangen, ein Streitgespräch. Auf einer Schulter warnte ihre Mutter, misstrauisch, praktisch und zynisch, dass, wenn etwas zu gut erschien, um wahr zu sein, es das in der Regel auch war. Auf der anderen Seite stand ihr Vater, ewig optimistisch, opportunistisch und, nicht zu vergessen, kriminell veranlagt, der ihr sagte, wenn ihr jemand die Welt schenken wolle, sei es ihre Pflicht, sie anzunehmen und das Weite zu suchen, bevor sich herausstellte, dass alles nur ein Irrtum war.

Wegen dieser gegensätzlichen Einflüsse fühlte Blakely sich oft hin- und hergerissen und vor Unentschlossenheit wie gelähmt.

Nein, die Entscheidung war bereits gefallen. Sie war hier, in ihrem neuen Büro, und es gab kein Zurück mehr.

Blakely ließ sich schließlich auf den Stuhl sinken und seufzte, als sich ihre Vermutung bestätigte. Ihr letzter Stuhl hatte gequietscht, wenn sie aufstand, und die Unterseite des Sitzkissens wurde von Klebeband zusammengehalten. Sie schlug den Ordner mit Infomaterial zu Firmenrichtlinien, Urlaubsregeln und Versicherungsleistungen auf und fing an zu lesen.

Sie war zur Hälfte durch, als die Bürotür aufging. Erst dachte sie, es sei Becky oder jemand von der IT mit den Zugangsdaten für ihren PC. Doch herein kam jemand anderes.

Blakelys Magen verkrampfte sich, und sie errötete, als sie den Mann sah, der sich, größer als ein griechischer Gott, innen an den Türrahmen lehnte.

Ungeachtet ihrer persönlichen Meinung von ihm war ihre körperliche Reaktion auf Gray Lockwood leider immer dieselbe. Sie war sich seiner sofort auf überwältigende Weise bewusst.

Heute mischte sich Überraschung unter die vertraute, unerwünschte Reaktion. Denn der letzte Mensch, den sie in ihrem neuen Büro erwartet hätte, war der Mann, den sie vor acht Jahren ins Gefängnis gebracht hatte.

„Mistkerl.“

Gray Lockwood war schon Schlimmeres genannt worden und vermutlich zu Recht. Wahrscheinlich verdiente er es, wenn auch nicht aus den Gründen, die Blakely Whittaker annahm. Sie hielt ihn wegen der Vergangenheit für einen Mistkerl, was nicht stimmte. Dagegen hatte er sie heute tatsächlich in die Ecke manövriert. Ihr war nur noch nicht klar, wie nah sie mit dem Rücken zur Wand stand. Das würde sich gleich ändern.

„Begrüßen Sie so Ihren neuen Boss?“

Auf Blakelys Gesicht spiegelten sich Ungläubigkeit, Ärger und Abneigung, bis sie zu begreifen schien.

Gray hatte sich von ihrem schockierten Anblick Genugtuung versprochen für die Farce, die ihn damals ebenso unerwartet getroffen hatte und an der sie wesentlichen Anteil gehabt hatte. Doch die erhoffte Befriedigung blieb aus.

Das kam äußerst ungelegen. Vor allem, da er nicht wusste, ob Blakely unabsichtlich an der Täuschung, die ihn ins Gefängnis brachte, mitgewirkt hatte oder ob sie eine Komplizin gewesen war.

Vor acht Jahren hatte er Blakely Whittaker nur vom Sehen gekannt. Sie arbeitete bei Lockwood Industries. Er war ihr ein paar Mal im Flur begegnet, hatte sie in Meetings gesehen. Er hatte sich ebenso flüchtig zu ihr hingezogen gefühlt, wie er die meisten schönen Dinge damals betrachtet hatte. All das hatte sich an jenem Tag geändert, als er ihr in einem Gerichtssaal gegenübersaß und zuhörte, wie sie die erdrückenden Beweise gegen ihn präsentierte.

Blakely hatte der Staatsanwaltschaft den noch rauchenden Colt geliefert, nur hatte er dessen Abzug nie gedrückt. Allerdings konnte er das nicht beweisen. Zumindest zu der Zeit nicht.

Zwar hatte er nach wie vor keine Beweise, aber er war wild entschlossen, sich zu rehabilitieren. Es kam nicht darauf an, dass er bereits für ein Verbrechen bezahlt hatte, das er nicht begangen hatte. Er wollte seinen guten Ruf und das Leben zurück, das er früher hatte.

Blakely würde ihm dabei helfen, auch wenn ihr nicht bewusst war, dass sie einzig aus diesem Grund von Anderson Stone als neueste Mitarbeiterin von Stone Surveillance angeheuert worden war.

Stone und Finn hatten ihn gefragt, warum er die Untersuchung fortsetzen wolle. Schließlich hatte er seine Zeit wegen der Veruntreuung abgesessen und konnte sein Leben unbehelligt weiterleben. Er hatte genug Geld, um alles zu tun, was er wollte – oder auch gar nichts.

Vor seiner Verurteilung war ihm das Familienunternehmen herzlich egal gewesen, doch es schmerzte, dass ihn seine Familie verstoßen hatte. Sein Vater hatte ihn aus der Firma geworfen und weigerte sich, mit ihm zu reden. Seine Mutter gab vor, nie einen Sohn gehabt zu haben. Gray hatte gelernt, damit zu leben.

Früher hatte es ihn nicht gekümmert, was andere über ihn dachten. Er war faul, gefühllos, verwöhnt und anmaßend gewesen. Das Gefängnis hatte ihn verändert, Stone und Finn, die er dort kennenlernte, hatten ihn verändert. Jetzt ärgerte es ihn, dass die Leute hinter seinem Rücken tuschelten. Vor allem, weil er nichts falsch gemacht hatte.

Er mochte ein Mistkerl gewesen sein, aber immerhin ein gesetzestreuer.

Blakely sprang auf. „Ich arbeite für Anderson Stone und Finn DeLuca.“

„Nein, Sie arbeiten für Stone Surveillance. Stone und Finn sind zwei der drei Eigentümer, zufällig bin ich der dritte.“

„Das hat mir niemand gesagt.“

„Weil sie angewiesen wurden, nichts zu sagen.“

Blakely presste die Lippen zu der geraden, sturen Linie zusammen, die er schon öfter gesehen hatte. Sie war zierlich, hübsch und blond, aber sie konnte auch zum Pitbull werden.

Gray kannte ihre Entschlossenheit aus eigener Erfahrung und das nicht erst seit dem Tag im Gericht, als sie den letzten Nagel in seinen Sarg geschlagen hatte. Er hatte sie in Meetings erlebt, wo sie leidenschaftlich für eine Sache eintrat, die ihr wichtig war. Wie sich ihre Haut dabei rötete und ihre Augen blitzten … Wunderschön, verführerisch und unterhaltsam. Doch sie war auch die Art Frau, die sich allem mit dieser Leidenschaft widmete. Damals war er zu bequem gewesen, um es mit einer solchen Intensität aufzunehmen. Er hatte sie nur aus der Ferne bewundert.

Blakely zog eine Schublade auf und nahm ihre Handtasche heraus. „Warum haben Sie mich eingestellt? Sie hassen mich.“

Gray schüttelte den Kopf und deutete ein Lächeln an. „Hass ist so ein starkes Wort.“

„Ich habe mitgeholfen, Sie ins Gefängnis zu bringen. Da ist Hass vermutlich das passende Wort.“

„Darauf würde ich nicht wetten.“ So gern er die Frau auch hassen wollte, es gelang ihm nicht. Sie wäre ein leichtes Ziel für seine Schuldzuweisungen. Zudem war es möglich – nein, wahrscheinlich –, dass sie in der Sache drinsteckte, die ihn zu Fall gebracht hatte. Doch ohne sie würde er nie die Wahrheit erfahren. Und sie würde ihm wohl kaum helfen, wenn sie dachte, dass er ihr die Schuld gab.

„Welches Wort würden Sie dann verwenden?“

Gray musterte sie. „Ich gebe zu, dass Sie nicht mein Lieblingsmensch sind. Trotzdem weiß ich nicht, ob Sie meinen Hass nicht ebenso wenig verdienen, wie ich es verdient hatte, ins Gefängnis zu gehen.“

Blakely schnaubte verächtlich.

Bei dem Geräusch stellten sich seine Nackenhaare auf, aber ihre Reaktion kam nicht unerwartet.

Kopfschüttelnd kam sie um den Schreibtisch herum und wollte zur Tür, doch er verstellte ihr den Weg. Abrupt blieb sie stehen. Sie zuckte zusammen und packte den Riemen ihrer Tasche fester. Kluge Frau.

Gray hatte die letzten Jahre mit Warten verbracht. Derweil war er in einem geheimen Boxring, den Stone, Finn und er aufgebaut hatten, gegen andere Häftlinge angetreten. Er hatte ein Ventil gebraucht, um Dampf abzulassen. Bei diesen Kämpfen hatte er gelernt, seine Gegner zu lesen und auf die subtilen Signale zu achten, die einen Gedanken verrieten, ehe er in die Tat umgesetzt wurde. Allerdings waren Blakelys Absichten alles andere als subtil. Sie wollte aus dem Zimmer hinaus und weg von ihm. Pech für sie. In den kommenden Wochen würden sie viel Zeit miteinander verbringen.

„Gehen Sie aus dem Weg.“

Beim Anblick des Feuers in ihren Augen entzündete sich ein darauf ansprechender Funke in seiner Magengrube. Ihr draufgängerisches Verhalten hatte etwas Verführerisches und Faszinierendes an sich, obwohl er nicht beeindruckt sein wollte.

...