Julia Exklusiv Band 335 - Im Reich der Liebe

Julia Exklusiv Band 335 - Im Reich der Liebe

von: Penny Jordan, Annie West, Helen Brooks

CORA Verlag, 2021

ISBN: 9783751501255 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,49 EUR

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Julia Exklusiv Band 335 - Im Reich der Liebe


 

1. KAPITEL

„Kate, stell dir vor, was John uns heute Morgen erzählt hat, als du beim Zahnarzt warst. Die Firma ist verkauft worden. Morgen kommt der neue Besitzer, um mit den Mitarbeitern zu sprechen“, verkündete Laura.

Mit der Neuigkeit musste Kate Vincent erst einmal zurechtkommen. Sie senkte die Lider mit den beneidenswert dichten dunklen Wimpern. Sie war erst seit sechs Monaten bei dem Unternehmen angestellt. Zuvor hatte sie nur stundenweise gearbeitet, weil sie noch studiert und ihr Examen gemacht hatte. Nach Abschluss des Studiums hatte sie sich um Stellen bewerben können, die früher für sie nicht infrage gekommen wären.

„Wer ist denn der neue Besitzer?“, fragte sie und strich das lange kastanienbraune Haar nach hinten. Draußen war es ziemlich heiß, doch die Temperatur, die dank der Klimaanlage im Büro herrschte, empfand sie als sehr angenehm.

„Das wollte John nicht verraten“, antwortete Laura. Sie beneidete Kate, die in dem weißen T-Shirt und dem braunen Leinenrock sehr elegant aussah, um ihre herrliche Figur. „Offenbar soll es bis morgen noch geheim gehalten werden. Wir hätten es uns denken können, dass John die Firma früher oder später verkauft. Er hat oft genug angedeutet, er würde sich gern zurückziehen. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass er es wirklich tun würde. Andererseits haben er und Sheila keine Kinder. Deshalb brauchen sie auf niemanden Rücksicht zu nehmen und können den Ruhestand in ihrem Haus in Miami genießen.“

Kate hörte aufmerksam zu, während sie den Computer einschaltete. John Loames belieferte mit seinem Unternehmen Baufirmen mit Spezialausrüstungen und war bisher sehr erfolgreich gewesen. Doch ihr war aufgefallen, dass John in der letzten Zeit immer weniger Interesse daran gehabt hatte, sich um neue Kunden zu bemühen. Das fand sie schade, denn es hätte sich auf jeden Fall gelohnt. Dass John die Firma verkauft hatte, überraschte Kate eigentlich nicht.

„Alle sind beunruhigt und fragen sich, wie es weitergeht“, fuhr Laura fort. „Keiner von uns will den Job verlieren.“

„Es muss kein Nachteil sein, dass es einen neuen Besitzer gibt“, wandte Kate ruhig ein. „Vielleicht will er das Unternehmen vergrößern und die Umsätze steigern, und dann ist mehr als genug Arbeit für uns alle da. Schlimmer wäre es natürlich, wenn der neue Inhaber aus derselben Branche kommt und Johns Firma nur schlucken will, um einen Konkurrenten loszuwerden.“

„Oh, mal den Teufel nicht an die Wand.“ Laura war wirklich beunruhigt. „Roy und ich haben gerade erst eine neue Hypothek aufgenommen, um anzubauen. Wir möchten bald ein Kind haben und brauchen mehr Platz. Deshalb bin ich auf den Job angewiesen. John hat gesagt, alle Mitarbeiter sollten morgen um acht da sein. Offenbar kommt der neue Besitzer schon sehr früh.“

„Um acht?“, wiederholte Kate und runzelte die Stirn. „Bist du ganz sicher, dass John das angeordnet hat?“

„Ja.“

Kate wurde blass. Sie konnte unmöglich um acht im Büro sein. Aber vor acht konnte sie ihren Sohn Oliver gar nicht in den Kindergarten bringen. So früh war dort noch niemand. Ihr verkrampfte sich der Magen.

Es war schon schwierig genug, als Mutter den ganzen Tag zu arbeiten. Aber für eine alleinerziehende Mutter, die sich bemühte, dem Kind auch noch den Vater zu ersetzen, war es noch schwieriger. Hinzu kam, dass Kate ihrem Arbeitgeber die Existenz ihres Kindes verschwiegen hatte.

Laura spürte, wie angespannt Kate plötzlich war. „Was hast du?“, fragte sie.

„Ach, nichts.“ Kate hatte auch mit ihren Kolleginnen und Kollegen nie über Ollie geredet. Sie wusste, wie problematisch es immer noch für Frauen mit Kindern war, eine gute Stelle zu bekommen. Deshalb hatte sie sich entschlossen, ihren Sohn nicht zu erwähnen. Während ihrer ersten Tage in der Firma hatte sie erfahren, dass John noch eine ziemlich veraltete Einstellung gegenüber berufstätigen Müttern mit kleinen Kindern hatte. Doch da ihr die Arbeit Spaß machte und John sehr zufrieden mit ihr war, hatte sie weiterhin ihr Kind nie erwähnt. Das hatte ihr natürlich schon viele schlaflose Nächte bereitet. Da sie von Natur aus ehrlich war, hatte sie ein schlechtes Gewissen. Um sich selbst etwas zu beruhigen, hatte sie sich eingeredet, für sie als alleinerziehende Mutter sei es besonders wichtig, einen gut bezahlten Job zu haben, auf den sie schon ihrem Sohn zuliebe nicht verzichten durfte.

Sie war eine hoch qualifizierte Fachkraft und wollte es ihrem Sohn an nichts fehlen lassen. Er sollte nach Möglichkeit all das haben, was sein Vater ihm hätte bieten können.

Als Kate an Ollies Vater dachte, verspürte sie Verzweiflung und Zorn zugleich. Sie hatte das Gefühl, daran zu zerbrechen. Der Vater ihres Kindes hatte sie im Stich gelassen, und der Schmerz darüber saß noch sehr tief.

Aber sie gestand sich ein, dass es ihr und Oliver wahrscheinlich ohne ihn besser ging, wenn auch nicht in finanzieller Hinsicht. Ihr Gehalt reichte dafür aus, die Hypothek für das Cottage zu bezahlen, das sie sich in dem kleinen Ort einige Meilen außerhalb der Stadt gekauft hatte. Auch für Olivers Betreuung, für Lebensmittel und andere notwendige Anschaffungen reichte es. Sie konnte jedoch keine großen Sprünge machen.

Ihr war natürlich klar, dass ihr Sohn nach dem Kindergarten bei ihr am besten aufgehoben wäre. Doch das konnte sie sich finanziell nicht leisten.

Sie hatte gerade erst angefangen, sich eine Karriere aufzubauen, und war entschlossen, sich hochzuarbeiten. In zwei Jahren würde der Abteilungsleiter in den Ruhestand gehen. Kate hatte gehofft, sich um die Stelle bewerben zu können.

Bald würde sie fünfundzwanzig sein und Ollie fünf. Und genau fünf Jahre waren sie allein und ohne … Rasch verdrängte Kate die quälenden Gedanken. Sie wollte sich den mühsam errungenen Seelenfrieden nicht zerstören lassen.

Sie musste sich auf die Zukunft konzentrieren und die Vergangenheit vergessen. Durch die Übernahme der Firma konnten Kates Aufstiegschancen sinken. Es bestand aber auch die Möglichkeit, dass sie stiegen. Diese Gedanken gingen ihr durch den Kopf, während sie die grafischen Darstellungen auf dem Bildschirm betrachtete, die sie selbst entwickelt hatte.

Als Kate vor der offenen Tür der Kinderkrippe des kleinen Ortes stand, lief ihr Sohn ihr entgegen und strahlte übers ganze Gesicht. Liebevoll beugte sie sich zu ihm hinunter und umarmte ihn. Wie hart auch immer ich arbeiten und welche Opfer ich bringen muss, für Ollie tue ich alles, nahm sie sich wieder einmal fest vor.

Dann sah sie sich in dem leeren Raum um und runzelte leicht die Stirn. Sie hatte sich dafür entschieden, im Dorf zu leben, damit ihr Sohn eine schönere Kindheit hatte als sie. Da sie in der Stadt arbeitete, war sie täglich relativ lange unterwegs. Und das bedeutete, dass Ollie länger als die anderen Kinder darauf warten musste, abgeholt zu werden.

Es war nicht geplant gewesen, dass ihr Kind als Einzelkind bei ihr als alleinerziehender Mutter aufwuchs. Sie hatte mehrere Kinder haben wollen und war davon überzeugt gewesen, dass ihr Mann denselben Wunsch hatte. Und sie hatte daran geglaubt, dass er sie liebte und begehrte.

Das alles war fünf Jahre her. Doch immer noch empfand sie tiefen Schmerz über die Untreue ihres Mannes und seine Zurückweisung. Er hatte ihr ewige Liebe und Treue geschworen und ihr immer wieder versichert, er hätte dieselben Träume und Ziele wie sie. Sie hatte ihm vertraut und ihn geliebt. Sie war völlig unerfahren und ziemlich naiv gewesen. Als er zum ersten Mal mit ihr geschlafen hatte, hatte er ihr zugeflüstert, er wünsche sich ein Kind mit ihr, und das Kind solle geliebt und behütet aufwachsen.

Aber er hatte sie belogen, ihr das Herz gebrochen und sie verlassen. Sie war enttäuscht und ernüchtert gewesen. Seinetwegen hatte sie sich mit ihrer Tante und ihrem Onkel, die sie großgezogen hatten, überworfen. Daraufhin hatten sie sie enterbt.

Kate hätte sowieso den beiden ihren Sohn nicht anvertraut. Sie hatten sie aufgenommen, als sie ihre Eltern verloren hatte, jedoch eher aus Pflichtgefühl als aus Liebe. Kate hatte die Liebe ihrer Eltern sehr vermisst.

„Ollie war schon beunruhigt“, erklärte in dem Moment die Betreuerin leicht vorwurfsvoll.

„Es tut mir leid, dass ich mich verspätet habe“, entschuldigte Kate sich schuldbewusst. „Ich stand in einem Stau, der sich nach einem Unfall gebildet hatte.“

Die etwas ältere Frau hatte schon Enkelkinder, und ihre Schützlinge liebten und respektierten sie. Immer wieder musste Kate sich von Ollie anhören, was Mary gesagt oder gemacht hatte.

Zehn Minuten später schloss sie die Tür zu ihrem Cottage auf, das mitten im Dorf stand. Hinter dem Haus hatte sie einen größeren Garten.

Ollie war ein kräftiger Junge mit gelocktem dunklem Haar, das er von seinem Vater geerbt hatte. Doch das wusste Ollie natürlich nicht.

Für Kate existierte dieser Mann nicht mehr, und er sollte keinen Platz in ihrem und dem Leben ihres Sohnes haben. Bis vor Kurzem war Ollie damit zufrieden gewesen, dass er keinen Vater hatte. Das hatte sich leider geändert, denn George, sein neuer bester Freund, hatte natürlich einen Vater. Jetzt wollte Ollie mehr wissen. Mit den Antworten, die sie ihm gegeben hatte, hatte er sich vorerst begnügt. Doch Kate war aufgefallen, wie sehnsüchtig er zuschaute, wenn Tom Lawson mit seinem Sohn George spielte.

Sean Howard stieg aus seinem Mercedes und betrachtete sekundenlang das Gebäude, vor dem er geparkt hatte.

Sein eleganter Designeranzug saß perfekt. Er betonte seine breiten Schultern,...