Haus der Hüterin: Band 13 - Der Umsturz - Fantasy-Serie

Haus der Hüterin: Band 13 - Der Umsturz - Fantasy-Serie

von: Andrea Habeney

mainebook Verlag, 2021

ISBN: 9783948987121 , 172 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 4,99 EUR

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Haus der Hüterin: Band 13 - Der Umsturz - Fantasy-Serie


 

Rylee blieb noch lange, nachdem Maj abgeräumt hatte, am Tisch sitzen und dachte nach. Sie sorgte sich nicht, das Haus einige Zeit in Majs Obhut lassen. Es war nicht das erste Mal. Doch wie lange würde sie brauchen, um das Buch zu lesen? Während des Gesprächs war ihr klargeworden, dass sie Vlad bei dieser Reise an ihrer Seite haben wollte. Hoffentlich wäre er bereit, sie zu begleiten. Sie seufzte tief auf. Sie würde ihm die Wahrheit über den Grund ihrer Reise mitteilen müssen. Sie wollte ihn nicht mehr belügen.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es bereits nach zwanzig Uhr war. Vlads Flieger musste schon gelandet sein.

Eine Viertelstunde später spürte sie, wie das Haus freudig bebte. Vlad war da. Sie stand auf und ging in die Halle. Die Haustür öffnete sich und mit einem großen Schritt war er bei ihr und zog sie in seine Arme. Er küsste sie leidenschaftlich und hielt sie dann ein Stück von sich weg. „Was ist los?“, fragte er und musterte sie eindringlich.

„Was soll denn los sein?“, fragte sie ihn, bereut es aber sofort. Sie machte sich von ihm los und ging ihm voraus ins Wohnzimmer. Sie hörte, wie er ihr folgte. Rylee ging bis zum Tisch und drehte sich plötzlich um. „Ich muss dir etwas sagen“, platzte sie heraus.

Seine Augen verengten sich. „Leg los“, sagte er mit ausdruckslosem Gesicht.

Rylee holte tief Luft. „Wo soll ich nur beginnen?“

„Am Anfang“, schlug er vor.

Sie schluckte. „Gut“, sagte sie und musste sich noch einmal räuspern. „Damals, als du mir gesagt hast, dass du heiratest. Das war … sehr schlimm für mich. Ich bin nicht damit fertig geworden. Irgendwann war es so schlimm, dass ich körperlich und psychisch total abgebaut habe. So stark, dass ich sogar meine Pflichten als Hüterin vernachlässigt habe. Ich konnte mich weder um das Haus noch um die Gäste richtig kümmern. Evanora hat angeboten, mir zu helfen. Sie hat mir einen Trank gemischt, der für eine gewisse Zeit meine Gefühle zu dir unterdrücken sollte.“

Sie warf Vlad einen unsicheren Blick zu. Seine Mimik wirkte starr, seine Augen blickten sie völlig unbeweglich an. Nervös schaute sie weg. „Es hat funktioniert! Nein“, verbesserte sie sich. „Ich habe gedacht, es funktioniert.“

Jetzt schien Vlad etwas sagen zu wollen, sie hob jedoch abwehrend die Hand. „Lass mich fertig erzählen, bevor mich der Mut verlässt.“ Sie schloss kurz die Augen. „Wenn du da bist, genieße ich unser Zusammensein, die Gespräche, die Zärtlichkeit, den Sex. Doch da, wo früher meine tieferen Gefühle waren, ist jetzt ein schwarzes Loch.“ Zu ihrem Schrecken spürte sie, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Sie fingerte in der Tasche ihrer Jeans nach einem Taschentuch.

Vlad starrte sie weiter unverwandt an.

„Sag doch etwas“, bat sie unter Tränen.

Er rieb sich über die Augen, als würde er aus einem Albtraum erwachen. „Habe ich es richtig verstanden, dass du deine tieferen Gefühle zu mir mit einem Trank hast löschen lassen?“

„Ja“, sagte Rylee, verbesserte sich jedoch sofort. „Nein.“

„Was jetzt?“, fragte er.

Sie versuchte, sich zusammen zu reißen. „Meine Magie muss irgendetwas mit dem Trank gemacht haben. Evanora hat mir vor Kurzem gestanden, dass es sich bei dem Trank nur um ein einfaches pflanzliches Mittel zur Stimmungsaufhellung gehandelt hat. Trotzdem hat es bei mir diese Wirkung hervorgerufen, und wir haben keine Ahnung, wie das überhaupt passieren konnte und wie lange sie anhält.“ Sie sprach hastig weiter. „Es gibt ein Buch über die Geschichte der Häuser. Vielleicht steht darin irgendetwas Hilfreiches. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht hoch, aber ich will jede Chance nutzen. Man kann es nicht mehr kaufen, aber ich habe ein Exemplar davon aufspüren können. Allerdings muss ich zum Planeten Kaollit reisen, um es lesen zu können. Willst du mitkommen?“

Er starrte sie immer noch an. In seiner Miene konnte sie nicht erkennen, was er von dem, was sie ihm gerade erzählt hatte, hielt. Angst erfasste sie. Was, wenn er sie verließ, wenn er einfach ging? „Bitte sag doch etwas“, bat sie leise.

Stattdessen ging er zu einem der Stühle, zog ihn vom Tisch weg und ließ sich schwer darauf fallen. Das machte ihr mehr Angst, als wenn er sie angebrüllt hätte. Er rieb sich die Augen, dann schüttelte er den Kopf. „Ich fasse es nicht“, sagte er mit tonloser Stimme. „Ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich habe es gespürt. Aber ich dachte, es läge daran, dass ich dir so wehgetan habe. Ich habe gehofft, dass jetzt, wo du weißt, warum ich so gehandelt habe, alles zwischen uns wieder in Ordnung wäre.“

„Aber das ist es auch!“, rief Rylee. „Das ist es! Wirklich!“ Dann senkte sie den Kopf. „Aber etwas ist nicht richtig. Etwas fehlt. Etwas, das eigentlich da sein müsste.“

Beide schwiegen eine Weile. „Was …“, sagte er endlich, „… wenn es nicht wieder kommt?“

Rylee hob hilflos die Hände. „Ich weiß es nicht“, sagte sie. Sie trat einen Schritt auf ihn zu. „Was ich aber weiß, ist, dass ich alles tun werde, um das Geschehene rückgängig zu machen. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dich zu verlieren.“

Er wich ihrem Blick aus. „Dann wird das genügen müssen.“

Das Frühstück am nächsten Morgen verlief überwiegend schweigend. Cinder war der einzige Gast und schien ebenso wenig an einem Gespräch interessiert wie Rylee und Vlad. Auch am späteren Abend hatten sie wenig gesprochen. Rylee hatte Borwinkel angerufen und ihm von dem, was Nomtha ihr über die fünf Weisen mitgeteilt hatte, berichtet. Vlad hatte sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und war erst ins Bett gekommen, als Rylee schon in einen unruhigen, von Träumen unterbrochenen, Schlaf gefallen war.

Kurz nach zehn Uhr morgens besprach Rylee noch einige Dinge mit Maj, dann stieg sie, begleitet von Vlad, die Treppe in den Keller hinunter.

Der Planet, den Nomtha sich als Alterssitz ausgewählt hatte, begrüßte sie mit einem Wind, der so heiß und trocken wie Wüstenwind war. Eine junge Frau, die sich als Sosi vorstellte, erwartete sie mit einem Gefährt, das Rylee an einen Schlitten erinnerte. Sie verstand nicht, wie es angetrieben wurde. Nirgends war ein Motor oder etwas Ähnliches zu sehen. Nachdem sie hineingeklettert waren und auf der gepolsterten Bank Platz genommen hatten, fuhr es lautlos los. Neugierig blickte sie nach allen Seiten und betrachtete das lebhafte Treiben. Das Portal stand auf einem Marktplatz voller bunter Stände und interessanter Gerüche. Es wimmelte von bunt gekleideten Gestalten, und sie hörte Lachen und von irgendwo her leise Musik. Nur Vlads Präsenz, der sich mit steinernem Gesicht an die Seite des Gefährts lehnte, als wolle er so weit wie möglich von ihr weg sein, dämpfte ihr Vergnügen. Sein Verhalten machte ihr Angst. Ihre Beziehung stand auf unsicheren Füßen. Was, wenn die Belastung zu groß für sie war? Sie hätte zu gerne die Hand zu Vlad ausgestreckt, sich an ihn gelehnt, um seine Stärke zu fühlen, bei ihm Schutz zu suchen. Doch ihr schlechtes Gewissen erlaubte es ihr nicht.

Sie fuhren aus der Stadt hinaus und durchquerten ein eher ländliches Gebiet, in dem sich Felder und kleine Baumgruppen abwechselten. Die Bäume hatten größere Blätter als ihre Verwandten auf der Erde. Sie schimmerten metallisch blau und reflektierten das Sonnenlicht. Ihr Gefährt überquerte einen kleinen Fluss, auf dessen Oberfläche mit der Strömung riesige knallrote Blüten trieben. Nach vielleicht einer halben Stunde bogen sie in einen kleinen Seitenweg, der an einem hübschen Landhaus endete. Nomtha stand auf den Stufen der Veranda und lächelte ihnen entgegen. Ihr Lächeln änderte sich auch nicht, als sie Vlad sah. Ihr Blick zeigte jedoch Überraschung, und sie deutete eine Verbeugung an. „Fürst Vlad“, sagte sie höflich, „Euch hätte ich nicht erwartet. Seid gegrüßt.“

„Ihr kennt Euch?“, fragte Rylee verwundert.

„Nicht, dass ich wüsste“, sagte Vlad und hob eine Augenbraue.

„Sagen wir“, antwortete Nomtha, „ich weiß, wer Ihr seid.“

Nomtha begrüßte auch Rylee und führte sie ins Haus. „Darf ich Euch etwas anbieten?“, fragte sie.

Rylee sah kurz zu Vlad und schüttelte dann den Kopf. „Das ist sehr nett von Euch, aber wir haben schon gefrühstückt und ich bin sehr gespannt auf das Buch.“

Nomtha erwiderte freundlich: „Das verstehe ich natürlich. Kommt bitte mit.“ Sie führte sie...