Chicagoland Vampires - Für eine Handvoll Bisse

von: Chloe Neill

LYX, 2013

ISBN: 9783802593451 , 400 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Chicagoland Vampires - Für eine Handvoll Bisse


 

KAPITEL ZWEI


PAS DE DEUX


Eine Stunde später war unser Garten voll von Vampiren des Hauses Cadogan und Abtrünnigen. Sie schienen sich recht gut zu verstehen, aber das war ja auch der Sinn eines solchen Treffens gewesen.

Wenn ich von der Klamottenwahl ausging, dann waren die heute hier versammelten Abtrünnigen wesentlich exzentrischer als die, die unser Haus bisher besucht hatten. Einige trugen zwar die schwarzen Militärklamotten, die wir bereits kannten, aber der Rest wäre beim Militär wohl ausgemustert worden: mit ihren Motorradfahrersachen aus schwerem Leder und gebatikten T-Shirts, typischen Gothic-Ensembles und Cocktailkleidern.

Einige von ihnen waren von den Häusern verächtlich abgewiesen oder verbannt worden, und andere hatten sich bewusst für ein Leben als Abtrünnige entschieden. Aber niemandem von ihnen schien das geschadet zu haben.

Ethan war der perfekte Gastgeber, der sich von Gruppe zu Gruppe bewegte, Hände schüttelte und aufmerksam zuhörte, wenn er angesprochen wurde. Er war der perfekte Diplomat.

Luc trat an meine Seite. »Nicht schlecht für eine kurzfristig organisierte Party.«

»Wir hätten sie sicher besser vorbereiten können, wenn wir uns nicht gerade auf den Übergang konzentrieren müssten«, betonte ich.

Ethan kam zu mir und deutete auf einen breitschultrigen Mann, der sich angeregt mit Kelley unterhielt. Sie war zum Hauptmann der Wachen Cadogans ernannt worden, als Luc seine Beförderung erhalten hatte, agierte nun aber vermutlich als zweiter Hauptmann, da Luc seine alten Aufgaben wieder übernommen hatte. Ganz ehrlich, in unserer Führungsetage herrschte gerade ziemliches Chaos.

»Noah ist gerade eingetroffen«, sagte Ethan. »Lass ihn uns begrüßen.«

Ich hatte Noah nicht mehr gesehen, seitdem er mir einen Platz in der Roten Garde angeboten hatte. Dabei handelte es sich um eine Geheimorganisation, die ein Auge auf das Greenwich Präsidium und die Meister der Vampirhäuser hatte, damit Vampire auch gerecht behandelt wurden.

Ich hatte Noahs Angebot angenommen, und Jonah, der Hauptmann der Wachen des Hauses Grey, war mir als Partner zugeteilt worden.

Ethan wusste nichts von der Roten Garde oder Jonah oder dass Noah mit dieser Organisation zu tun hatte. Noah jetzt wiederzusehen machte mich daher ziemlich nervös. Als Pokerspielerin war ich eine Niete, aber heute Abend musste ich einfach überzeugend bluffen.

Ich folgte Ethan über das nasse Gras zu Noah hinüber. Er stand bei einer Gruppe dunkel gekleideter Vampire, die genau dem Typ Abtrünniger entsprach, den ich bisher kennengelernt hatte. Noah sah zu uns auf, als wir uns ihnen näherten, und nickte uns zu.

»Ethan, Merit«, sagte er und warf dann einen kurzen Blick auf seine Leute. »Wir reden später weiter«, teilte er ihnen mit, woraufhin sie sich unter die Menge mischten.

»Alles in Ordnung?«, fragte ich ihn.

»Private Angelegenheiten«, antwortete er, ohne weiter darauf einzugehen, und lächelte dann. »Ihr beiden seht gesund und munter aus. Ich war froh, als ich gehört habe, dass ihr Mallory und die Zwillinge in den Griff bekommen habt.«

Seth Tate, der frühere Bürgermeister Chicagos, war ein Engel, der auf magische Weise mit seinem dämonischen Zwillingsbruder Dominik verbunden gewesen war. Er hatte Dominik erschlagen und Chicago verlassen, um Wiedergutmachung für die Verbrechen zu leisten, die er begangen hatte, als sein Bruder noch Teil seiner Psyche gewesen war. Seitdem hatten wir von Seth nichts mehr gehört.

»Das waren wir auch«, sagte Ethan, »obwohl es eine Zeit lang gar nicht gut aussah.«

»Nun, ihr habt die Krise überwunden, und das bedeutet eine Menge.« Noah betrachtete die beeindruckenden Mauern Cadogans, unseres Zuhauses hier in Hyde Park. Das Herrenhaus war drei Stockwerke hoch, aus hellem Stein gebaut und mit gusseisernen Verzierungen versehen. Es war im Goldenen Zeitalter Chicagos erbaut worden, als die großen Schlachthöfe und riesigen Fabriken den Reichen der Stadt immense Geldsummen in die Taschen spülten und sie mit herrschaftlichen Anwesen ihrem Reichtum ein Denkmal setzten. Einige dieser Prachtbauten gab es heute nicht mehr, andere hatte man in Apartmentgebäude umgewandelt. Ein paar befanden sich noch im Besitz reicher Familien … und nur eins war das Zuhause einer Gruppe Vampire.

»Seid ihr bereit, euch vom Greenwich Präsidium zu verabschieden?«, fragte Noah und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf uns.

»Wie es auf der anderen Seite aussieht, erfahren wir erst, wenn wir diesen Schritt gegangen sind«, erwiderte Ethan. »Allerdings glaube ich angesichts der Gehässigkeiten, die das Greenwich Präsidium in letzter Zeit auf uns abgeschossen hat, nicht, dass sich viel ändern wird. Wenn sie uns schon hassen, dann können sie das auch ohne unseren Zehnt tun. Du und deine Leute, ihr seid doch auch gut zurechtgekommen.«

»Mit viel Vorsicht und den richtigen Strategien«, sagte Noah. »Wir halten uns ständig auf dem Laufenden und sorgen dafür, dass wir nicht in die Schusslinie des Greenwich Präsidium geraten.«

»Ist es so schlimm?«, wunderte ich mich. Ethan hatte mir bereits erzählt, dass das GP eine Entweder-oder-Haltung einnahm, wenn es um die Mitgliedschaft ging – die Vampire in seinem Einflussbereich waren entweder Mitglieder oder sie waren Feinde. Aber ich hatte noch nie erlebt, dass das GP sich auf einen der Abtrünnigen einschoss. Es schien ihm viel mehr Spaß zu machen, die Häuser zu nerven und diejenigen zu bestrafen, die sich in seinem System den Verhaltensregeln widersetzten.

»Die meisten unserer Probleme in letzter Zeit waren hausgemacht«, sagte Noah. »Probleme zwischen den Abtrünnigen, nicht mit den Vampiren der Häuser. Aber es kam schon vor, dass das GP die Trennung zwischen den Häusern und den Abtrünnigen deutlich kenntlich gemacht hat, und das mit roher Gewalt.«

»Wir müssen uns über so viele Dinge den Kopf zerbrechen«, sagte ich, »und sie haben nichts Besseres zu tun, als ohne ersichtlichen Grund Probleme heraufzubeschwören.«

»Oh, es gibt einen Grund«, sagte Ethan. »Wenn sie die Häuser davon überzeugen, dass die außerhalb der Häuser böse sind, dann ist das GP schon per Definition gut. Sie bieten lediglich konstruktive Kritik und Schutz vor all dem Bösen.«

»Also betreibt das GP praktisch Schutzgelderpressung«, lautete meine Schlussfolgerung.

»Vor einem Jahr noch«, sagte Ethan, »hätte ich eine solche Aussage als lächerlich abgetan. Zu meinem Bedauern fürchte ich jetzt, dass sie durchaus einen wahren Kern enthalten könnte. Aber sie sind noch nicht hier, und sie haben uns noch nicht aus ihren Reihen ausgeschlossen. Also lasst uns essen, trinken und Spaß haben …«

»Denn morgen werden wir …?«, fragte Noah.

Ethan lächelte verschmitzt. »Morgen werden wir sehen.« Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen, entdeckte jemanden, dem er zunickte, den ich aber nicht sehen konnte, und widmete sich dann wieder uns. »Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet, ich werde gerade gebraucht. Sei nett zu unseren neuen Verbündeten, Hüterin.«

»Ha, ha«, knurrte ich und sah ihm genüsslich hinterher.

»Du hast dich ganz schön verknallt«, stellte Noah fest.

Ich lief rot an. »Scheint so. Weiß der Kuckuck, wie das geschehen konnte.«

»Ich hätte nicht gedacht, dass er dein Typ ist.«

»Ich auch nicht, und nicht nur deswegen, weil er ziemlich spitze Zähne hat.« Ich hatte ursprünglich vorgehabt, mich von Vampiren fernzuhalten, aber dieser Plan war leider nicht aufgegangen. »Was auch immer der Grund dafür ist, wir passen gut zusammen. Wir ergänzen uns. Erklären kann ich das allerdings nicht, so oft ich es auch versuche.«

»Solche Beziehungen kommen nur selten vor und sind ein echter Glücksfall«, sagte Noah und sprach diese Worte mit einer solchen Freudlosigkeit aus, dass ich den Eindruck bekam, er wisse nur zu gut, wovon er da sprach.

»Jonah hat angedeutet, dass deine Beziehung mit Ethan einer Mitgliedschaft bei der Roten Garde nicht im Wege steht?« Er stellte die Frage ganz beiläufig, aber er hätte sie wohl kaum gestellt, wenn er Jonahs Aussage geglaubt hätte.

In diesem Augenblick kam Margot mit einem Tablett feinster Kristallgläser auf uns zu, in denen der Champagner golden funkelte.

»Etwas zu trinken?«, fragte sie.

Ich nickte, nahm mir ein Glas und einen ordentlichen Schluck. Noah tat es mir nach.

»Ich habe ein Versprechen gegeben«, sagte ich zu ihm, als wir wieder allein waren. »Und ich habe vor, es zu halten.«

»Denke immer daran«, sagte Noah. Er klang zwar freundlich, aber ich war mir nicht sicher, ob er sich nur meiner Loyalität versichern oder aber sie infrage stellen wollte.

Als im Pavillon das Abendessen aufgetischt wurde, setzte ich mich neben Lindsey.

Sie war blond, durchtrainiert und unheimlich intelligent. Außerdem hatte sie einen erstklassigen Modegeschmack, einen Sinn für Humor und war ein sehr treues Wesen, was ihrer noch jungen Beziehung mit Luc beinahe ein frühes Ende beschert hätte. Sie hatte Angst gehabt, ihre Beziehung könnte ihre Freundschaft gefährden, aber es schien ganz gut für sie zu laufen.

Uns gegenüber am Tisch saßen zwei Abtrünnige.

Alan trug ein Karohemd und wäre in einer Menschenmenge ganz sicher nicht aufgefallen. Er erzählte, dass er bei einer Versicherung arbeite. Was er genau machte, verstand ich zwar nicht wirklich, aber es schien eine Menge...