Immortal Guardians - Düstere Zeichen

von: Dianne Duvall

LYX, 2012

ISBN: 9783802589799 , 400 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Immortal Guardians - Düstere Zeichen


 

1

Ein durchdringender Schrei zerriss die frühmorgendliche Stille.

Ihr stellten sich die Härchen im Nacken auf, und Sarah Bingham blickte sich um. Der Himmel war inzwischen dunkelgrau, kündete den beginnenden Tag an, doch das Licht durchdrang die Düsternis über den Wiesen nicht. Sie hatte so einige unheimliche Tierlaute vernommen, seit sie vor neun Monaten nach North Carolina gezogen war, doch keiner hatte sich so menschlich angehört.

Unmöglich. Schließlich lebte sie allein hier draußen, weit und breit gab es keine Nachbarn.

Sarah versuchte, das mulmige Gefühl abzuschütteln, und stach erneut mit dem Spaten in die ausgedörrte Erde. Noch einmal und noch einmal, irgendwann würde hier Gemüse wachsen. Trotz der frühen Morgenstunde hatte sich auf ihrer Haut schon ein glänzender Schweißfilm gebildet, denn es war ungewöhnlich heiß für diese Jahreszeit.

Na toll. Nach ein paar Stunden Arbeit würde sie mit Sicherheit vollkommen erschöpft ins Bett sinken. Zum Teufel mit der Schlaflosigkeit! Das Semester war vorbei und ihre Studenten fort. Und wenn sie bis zum Umfallen schuften musste, heute Nacht würde sie endlich schlafen.

Lautes Knurren hallte durch die Luft, begleitet von dem Geräusch knackender, berstender Zweige.

Sarah umfasste den Griff des Spatens fester und starrte mit weit aufgerissenen Augen in das dichte Unterholz.

Da vernahm sie ein unheimliches Rascheln. Ihr Herz schlug wie wild.

Verdammt. Gab es etwa Bären in North Carolina?

Das Dickicht explodierte förmlich, als eine dunkle Gestalt auf sie zuschoss. So schnell, dass sie nichts erkennen konnte.

Vor Schreck schrie sie nicht einmal, sondern ließ einfach nur den Spaten fallen und hob schützend die Hände.

Etwas Schweres stieß sie zur Seite. Sarah flog im hohen Bogen durch die Luft und landete ein paar Meter weiter hart auf dem Rücken. Steine und Zweige schürften ihr die Hände auf. Sie verspürte ein Stechen im rechten Ellenbogen, ein schmerzhaftes Pochen in den Rippen. Sarah rollte sich auf den Bauch und riss den Kopf hoch. Panisch schaute sie sich um, hinter den Bäumen sah sie gerade noch etwas verschwinden.

Stille.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt sie sich die Rippen und rappelte sich auf.

Wieder ertönte das Knurren und Knacken, diesmal noch lauter.

Sarah atmete in kurzen Stößen, ihr Puls raste. Mit zitternden Händen griff sie nach dem Spaten und hielt ihn verteidigungsbereit mit der Schaufel nach oben.

Sie hatte keine Ahnung, womit sie es zu tun hatte, aber sollte es zurückkommen, würde sie ihm einen Schlag verpassen, der sich gewaschen hatte.

»Wo sind sie hin?«, rief jemand atemlos.

Sarah fuhr zusammen und beobachtete das Gehölz.

»Da lang! Geradeaus! Nicht aus den Augen verlieren!«

Schemenhaft hoben sich zwei Gestalten von dem dichten Buschwerk ab und bewegten sich flink in die Richtung, in der das Ding verschwunden war. Dann tauchten die Männer auch schon wieder im Dickicht der Bäume unter, die beiden hatten sie offenbar nicht bemerkt. In ihrem langärmligen grünen Hemd, das sie über einem schwarzen Trägertop trug, und der schwarzen Trainingshose war sie wohl gut getarnt.

Das Knurren verstummte, ebenso das Rascheln.

Vorsichtig trat Sarah einen Schritt zurück. Dann noch einen.

»Alter!«, ertönte eine der Stimmen wieder. »Ich glaube, ich kotz gleich!«

»Komm schon, du Schlappschwanz«, erklang die zweite.

Was ging da vor sich? Waren diese Typen hinter einem Bären her?

Es musste doch wohl ein Bär sein!

»Warum erledigst du ihn nicht endlich?«, fragte der zweite Mann.

»Lasst das ruhig die Sonne besorgen«, höhnte ein weiterer Kerl mit tiefer Stimme.

»Und was sollen wir dabei tun?«, entgegnete der zweite.

»Bleibt, bis es vorbei ist, und bringt mir dann seine Überreste«, befahl der dritte, dessen Worte durch einen britischen Akzent etwas an Schärfe verloren.

Sarah trat vorsichtig den Rückzug an und versuchte dabei möglichst kein Geräusch zu verursachen, um die Aufmerksamkeit der Männer ja nicht auf sich zu ziehen.

Wen sollte man noch gleich anrufen, wenn Wildtiere gequält wurden? Die Polizei? Den Tierschutzverein?

»Ist er weg?«, fragte der erste Typ beklommen.

»Ja«, antwortete der zweite.

»Sicher?«

»Ja, Mann. Der ist weg.«

»Alter! So was hab ich noch nie gesehen. Ist ja abgefahren.«

»Hab ich’s dir nicht gesagt?«

Wer Tiere quälte, brachte bestimmt auch Leute um.

»Hey, was machst du denn da?«, fragte der erste.

»Ich schneid ihm die Klamotten vom Leib.«

Sarah erstarrte, ihr gefror das Blut in den Adern. Seine Klamotten?

»Bist du schwul oder was?«

»Ich bin nicht schwul, du Loser. Ich will nur sehen, was die Sonne bei ihm anrichtet.«

»Ach so. Cool.«

»Zieh du ihm mal die Schuhe aus.«

Ein Mann? Es konnte doch unmöglich ein Mann gewesen sein, der sie umgerissen hatte. So groß und schnell war kein Mensch, zudem hatte er geknurrt.

Dennoch hörte es sich so an, als wäre das Opfer gar kein Mensch, sondern ein Tier.

Und offenbar waren sie mit ihm noch nicht fertig.

Rasch drehte sie sich um und wollte eigentlich ins Haus eilen, um von dort aus die Polizei zu rufen.

»Hey, Bobby«, sagte der zweite Kerl, »hast du schon mal jemanden erstochen?«

Sarah blieb stehen.

»Nein.«

»Zieh dir das mal rein.«

Ein dumpfer Aufprall.

Stöhnen.

»Alter!«

Verdammt! Sarah machte auf dem Absatz kehrt und schlich so schnell und lautlos wie möglich über die Wiese. Ihre Handflächen brannten, als sie den Spaten noch fester umklammerte, und Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Mit klopfendem Herzen tauchte sie ins Dickicht.

Das ist doch Wahnsinn, völliger Wahnsinn.

Schließlich war sie Musikprofessorin und keine Polizistin!

Aber es würde zu lange dauern, bis die Polizei käme. Von der nächstgelegenen Stadt bis hierher hatte sie einen weiten Weg vor sich

»Willst du’s mal versuchen?«

»Werden die nicht sauer, wenn wir ihn aufschneiden?«

»Nö, Hauptsache, er lebt noch, wenn ihn die Sonnenstrahlen treffen. Und wenn nicht, auch egal, wer soll das schon nachprüfen?«

Die Bäume standen nicht so dicht, wie sie angenommen hatte. Nach nur wenigen Schritten gaben sie schon den Blick auf die benachbarte Wiese frei. Mit ein wenig Glück würden die Äste Sarah noch genug Deckung bieten.

Ein widerlicher Schweißgeruch schlug ihr entgegen.

Ein Stück weit von ihr entfernt befanden sich drei Männer. Einer lag auf dem Boden, das Gesicht abgewandt, und soweit sie erkennen konnte, war er nackt. Seine Arme lagen zu den Seiten ausgebreitet, und man hatte sie mit etwas am Boden fixiert, das vom hohen Gras verdeckt wurde. Die Beine waren mit einer Art Seil zusammengebunden. Mehr konnte sie nicht erkennen, doch das Zucken der Muskeln deutete darauf hin, dass er auch an den Fußgelenken am Boden festgemacht war.

Ein blonder Typ in ausgeblichenen Jeans und gelbem T-Shirt setzte sich rittlings auf den nackten Mann. Neben ihm stand sein Freund, ein braunhaariger Kerl, und gaffte.

Obwohl Sarah die Gesichter der Angreifer nur flüchtig sah, schätzte sie die beiden auf Anfang zwanzig. Beide kehrten ihr nun den Rücken zu.

Plötzlich riss der Blonde die Hände über den Kopf und stieß dann mit einem Taschenmesser zu.

Der Mann am Boden zuckte und stöhnte vor Schmerz.

Der Braunhaarige rief begeistert: »Alter! Abgefahren!«

Vor Angst und Entsetzen zitterte Sarah am ganzen Leib, dennoch pirschte sie sich lautlos an die Männer heran und schwang den Spaten.

Der Blonde sah zu seinem Komplizen auf: »Willst du auch «

Klonk.

Der Typ im gelben Shirt sackte zur Seite und blieb reglos am Boden liegen.

Wie betäubt starrte der Braunhaarige auf seinen leblosen Freund, dann drehte er sich zu Sarah um Gerade hatte sie erneut ausgeholt.

Klonk.

Genau zwischen die Augen.

»Auu!«

Au weia.

Heftig fluchend taumelte der Kerl rückwärts, blinzelte dann ein paarmal irritiert und schaute sie schließlich böse an.

Klonk.

Damit war es um ihn...