Aromapraxis für Pflege- und Heilberufe - 20 ätherische Öle für über 150 Indikationen

Aromapraxis für Pflege- und Heilberufe - 20 ätherische Öle für über 150 Indikationen

von: Eliane Zimmermann, Sabrina Herber

Haug, 2024

ISBN: 9783132453678 , 288 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 49,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Aromapraxis für Pflege- und Heilberufe - 20 ätherische Öle für über 150 Indikationen


 

2 Was ist ein ätherisches Öl?


Ätherische Öle sind leicht verdunstende lipophile Extrakte aus Pflanzen oder Pflanzenteilen, die deutliche, für die jeweilige Herkunftspflanze charakteristische Gerüche aufweisen.

Vermutlich leitet sich der Begriff „ätherisch“ von der alten Bezeichnung für Himmel (Äther) ab, denn die kostbaren Öle steigen in Richtung Himmel auf wie einst die duftenden Räucherwerke der Ägypter. Deren Idee war es, den Gottheiten „dort oben“ duftende Opfer und Geschenke zu überbringen. Als „ätherisch“ wurde zudem vieles bezeichnet, das kaum sichtbar war, wie „ätherische Elfenwesen“ und auch Substanzen wie Quecksilber und Ether, die alte Form der Narkose. Daher werden sie auch als etherische Öle bezeichnet (wobei nur wenige ätherische Öle hauptsächlich aus Ethermolekülen bestehen).

Ätherische Öle werden durch Wasserdestillation oder durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Auch durch Raspeln und Zentrifugieren gewonnene Zitrusöle (Agrumenöle, auch Essenzen genannt) zählen zu den ätherischen Ölen.

Für Menschen, die erstmals mit ätherischen Ölen in Kontakt kommen, ist es kaum vorstellbar, wie viel Pflanzenmaterial in einem einzigen Tropfen steckt. Bei den käuflich zu erwerbenden Naturdüften handelt es sich um extreme Konzentrate, die in großen Destillationsanlagen gewonnen werden. Wenn wir selbst zu Hause destillieren, gewinnen wir nur wenige Tropfen oder wenige Milliliter ätherisches Öl, selbst wenn wir erhebliche Mengen im Garten ernten konnten, beispielsweise eine Schubkarre voller Kräuter oder Rosenblütenblätter.

Im Gegensatz zu fetten Ölen ( ▶ Tab. 2.1 ) verdunsten ätherische Öle vollständig und hinterlassen auf Papier keine „Fettflecken“. Viele davon sind jedoch gelblich, rötlich, blau und/oder braun und können somit farbige Flecken auf Papier verursachen.

Tab. 2.1 Unterschiede zwischen ätherischen und fetten Pflanzenölen.

Ätherisches Öl

Fettes Öl

Kohlenwasserstoffmoleküle: vor allem C10, C15 und Benzenverbindungen C6

Kohlenwasserstoffmoleküle: vor allem C16 und C18

  • wirken antioxidativ („entgiftend“) und antitumoral (viele Bestandteile)

  • wirken modulierend auf den Hormonhaushalt der Pflanze

  • wirken antioxidativ („entgiftend“) und unterstützen Reparaturvorgänge

  • Grundbausteine für menschliche Zellen

„Hausapotheke der Pflanze“: wirken gegen Bakterien, Viren, Pilze

Nahrungsreserve für die nachfolgende Pflanzengeneration (finden sich meist in den Samen)

  • zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen

  • müssen mit der Nahrung (in Spuren) aufgenommen werden

  • einige Fettbegleitstoffe zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen

  • bestehen aus Fettsäuren, teilweise essenziell (müssen vom Menschen aufgenommen werden)

enthalten keine Kalorien

  • 1 g enthält ca. 9 kcal

  • landen weniger „auf der Hüfte“ als tierische Fette, da stoffwechselaktiver

  • flüchtig

  • hinterlassen keinen bleibenden Fleck auf Papier (es sei denn, sie sind farbig wie Schafgarbenöl)

  • ölig-fettig

  • hinterlassen einen bleibenden, leicht transparenten Fettfleck auf Papier

Ätherische Öle sind aus vielen verschiedenen Einzelmolekülen zusammengesetzt, 200 und mehr sind keine Seltenheit. Je nach Analysemethode und bei Bestimmung auch minimaler Mengenanteile (mit mehreren Nullen nach dem Komma) kann ein gutes Lavendelöl beispielsweise aus ca. 1200 unterschiedlichen Molekülen bestehen (Schnaubelt 2011). Sie sind kaum in Wasser löslich; hineingetropft, schwimmen sie tropfenförmig auf der Wasseroberfläche.

Diese chemischen Verbindungen können Einfluss auf unsere Physiologie nehmen und daher für die Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden. Ebenfalls können sie Keime unschädlich machen oder ihr Wachstum hemmen und auf diese Weise zu unserem Wohlergehen oder unserer Gesundung beitragen. Sie wirken darüber hinaus nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf psychischer Ebene. Im Folgenden befassen wir uns noch vertiefend mit der Wirkweise dieser ▶ Inhaltsstoffe.

Beachte

Ätherische Öle sind lipophil (fettlöslich), enthalten jedoch keine Fette. Sie können sich noch in der Pflanze mit ähnlich lipophilen Agrargiften wie Pestiziden verbinden, sodass die Haut und die Schleimhäute nur mit von unabhängigen Instituten zertifizierten Bio-Ölen in Kontakt kommen sollten.

Manchmal werden auch Pflanzenauszüge (Extrakte), die mithilfe anderer Lösungsmittel als Wasser hergestellt werden, als ätherisches Öl bezeichnet. Korrekterweise verwenden wir in Abhängigkeit vom Grundstoff (z.B. Blüte, Harz) und/oder vom verwendeten Lösungsmittel (Beispiele in Klammern) die folgenden Begriffe:

  • Blüten-Absolues (z.B. Hexan oder Petrolether): Rose, Jasmin, Frangipani, Mimose, Osmanthus, Champaca

  • Harzextrakte bzw. Resinoide (z.B. Ethanol): Benzoe, Copaibabalsam, Myrrhe

  • alkoholische Extrakte von Gewürzen (z.B. Ethanol): Tonka, Vanille, Benzoe

Ätherische Öle sind sozusagen die Hausapotheke der Pflanze: Sie wirken gegen Keime, als Fänger reaktiver Sauerstoffverbindungen (antioxidativ), die bei vielen Stoffwechselprozessen entstehen, und damit entgiftend; außerdem haben sie keinen Nährwert (0 kcal/g). Fette Öle dagegen sind die Nahrungsreserve für die nächste Pflanzengeneration und demzufolge zumeist in Samen enthalten; ihr Energiegehalt liegt bei 9 kcal/g.

Manche Duftpflanzen enthalten 1–2 % ätherisches Öl, viele Pflanzen wesentlich weniger; nur einige wenige enthalten sehr viel mehr, beispielsweise die Gewürznelke mit einem Anteil von bis zu 12 %. Mit dieser von der Natur vorgegebenen „Verdünnung“ haben wir bereits einen deutlichen Hinweis auf die verträgliche Konzentration von Naturdüften in den Trägersubstanzen der Produkte, die mit Haut und Schleimhäuten in Berührung kommen. Ein Fläschchen mit ätherischem Öl enthält also, um es in Bildern zu...