Perry Rhodan Neo 227: Samfonnan, der Gefallene - Staffel: Arkon erwacht

von: Ben Calvin Hary

Perry Rhodan digital, 2020

ISBN: 9783845354279 , 160 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 3,49 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Perry Rhodan Neo 227: Samfonnan, der Gefallene - Staffel: Arkon erwacht


 

1.

Samfonnan di Quennion

Viele Stunden zuvor

 

Das Militär warf mit Essen nach ihnen!

Der Massetaster registrierte eine Unmenge winziger Objekte, die sich vom Rumpf des imperialen Flaggschiffs FAMA'ARK lösten. In der normaloptischen Erfassung erschienen sie als dünne Partikelwolke. Die Geschosse verteilten sich zwischen den frisch im Flottenaufmarschgebiet eingetroffenen Frachtern und Schlachtkreuzern, gefährdeten die Arbeit und Ausrüstung der Müllwerkergilde.

»Idioten!« Kopfschüttelnd brach Samfonnan di Quennion die Montagesequenz für die Gravo-Müllschleuder ab. Die Frachtluke an der Unterseite der LK-2234 schloss sich, bevor das erste Bauteil den Laderaum verlassen konnte. Der Zusammenbau musste warten.

»Was ist das für ein Zeug, das die edlen Raumsoldaten auf uns abladen, Tommisa?« Er sprach unfreundlicher als beabsichtigt.

Samfonnan di Quennion und die Zaliterin Tommisa waren zu zweit an Bord des winzigen Raumboots. Drei Sessel, davon einer unbesetzt, prangten vor einer umlaufenden Galerie aus Konsolen. In der Polkanzel war es so beengt, dass sich Samfonnan nicht umdrehen konnte, ohne seine Mitarbeiterin anzurempeln.

Tommisas altersbrüchige Stimme erklang in Samfonnans Rücken. Sie las die biochemische Messung der spezialisierten Außensensoren vor. »Biomüll. Genau genommen Misham-Kohl. Leicht angeschimmelt. Vermutlich übrig gebliebener Proviant vom letzten Einsatz. Man lässt uns wissen, was man von uns hält.«

Samfonnan fluchte wütend. Tausende Raumschiffe waren im Flottenaufmarschgebiet über Arkon III unterwegs. Doch ausgerechnet ihnen, den beiden einzigen Masgar Skoa, machte die Besatzung der FAMA'ARK das Leben schwer.

Seit Samfonnan vor einem Jahr Arkons Müllwerkergilde beigetreten war, akzeptierte er zwar seinen Platz am Boden der Gesellschaft. Dennoch war er nicht bereit, sich mit Dreck bewerfen zu lassen.

Ihre Aufgabe war, die Invasionsflotte für den Zeitraum des Aufmarschs an Arkons systemweite Abfallverwertungsrouten anzuschließen. Der Müllregen verzögerte das, aber es war zur Abwechslung nicht Samfonnans Schuld. Diese Deppen in der Raumflotte sabotierten ihren Zeitplan selbst. Dann würde sich Imperator Gonozals Eroberungsfeldzug eben verzögern! Die Bewohner von Larsaf III, wo auch immer diese Welt lag, würden sich darüber freuen.

»Wir sollten hier weg.« Tommisas Handschuh tippte gegen das Glassit der Kanzelwandung. »Ein gefrorener Kohlkopf kann einem Raumfahrer ebenso gefährlich werden wie jeder andere Weltraumschrott, Miba.«

Samfonnan ignorierte den Spitznamen geflissentlich. Sein Blick folgte ihrem Fingerzeig. Wurzelstrünke und Kohlblätter, als grünes Flirren vor den fernen Sternen erahnbar, trieben auf die LK-2234 zu. Die Frachtoffiziere der FAMA'ARK hatten genau gezielt.

Missmutig schüttelte er den Kopf. Noch immer zeigte das Kommunikationslog seinen letzten Wortwechsel mit der jungen Funkerin der FAMA'ARK: »Das Flaggschiff blockiert den Lagrangepunkt L2. Bitte räumen Sie die gravitationsneutrale Position. Sie ist der Gravoschleuder vorbehalten.«

Die Offizierin, eine gewisse Ferroa da Borgir, hatte die Aufforderung lediglich bestätigt. Das Kohlbombardement jedoch, wusste Samfonnan, war die Rache für diesen »Affront«. Ein Großkampfschiff der Arkonidischen Flotte, das einem Mistkäfer Platz machen sollte? Unfassbar!

Tommisa programmierte einen Ausweichkurs und aktivierte die Impulstriebwerke. Die LK-2234 beschleunigte.

Ringsum war der Truppenaufmarsch in vollem Gange. Das Sammelgebiet bei Arkon III, in direkter Nachbarschaft des Elysischen Gürtels, erstreckte sich über eine Raumkugel mit einem Durchmesser von unfassbaren 70.000 Bant. So hieß die Standard-Längeneinheit Arkons im Sprachgebrauch der Müllwerkergilde.

Der Sitz unter Samfonnans Hintern vibrierte. Die Log-Kerreshar – »Mistkäfer«, wie modifizierte Leka-Disks vom Typ der LK-2234 genannt wurden – galten als verlässlich und robust. Luxusjachten waren sie aber beileibe nicht.

Die LK-2234 war kein sonderlich wendiges Raumboot. Trotz der gigantischen Räume zwischen den Flotteneinheiten gerieten die zwei Müllwerker in einen Tross altertümlicher Truppentransporter, die zwischen der GOS'RANTHON und der THIALOMON verkehrten.

Wie stets ignorierte die Zaliterin die Anweisungen des Leitsystems – eine Masgar Skoa ließ sich von niemandem etwas sagen! – und wich vom zugewiesenen Kurs ab. Sie verfehlte knapp das Atmosphärenleitwerk eines Personengleiters und durchstieß einen Pulk Leka-Disks. Ihre Formation stob auseinander, die Piloten reagierten mit wütenden Warnsignalen. Unterhalb der Raumfahrzeuge präsentierte Arkon III seine Nachtseite majestätisch und mächtig vor der Sternenballung Thantur-Lok.

Rund 5000 Einheiten, dachte Samfonnan. Eine Invasionsflotte, wie das Arkonsystem sie seit Langem nicht gesehen hat. Allein der verschimmelte Kohl hätte Dutzende Essoyafamilien tagelang ernährt.

»Die Biomasse verteilt sich in chaotischen Vektoren. Unser gegenwärtiger Kurs bringt uns auf 47 Bant an den virtuellen Massenschwerpunkt heran«, verkündete Samfonnan die Ortungsdaten, die ihm das Holo zulieferte. Eigentlich war auch das eine Aufgabe für die Positronik, doch unter den Masgar Skoa hielt sich hartnäckig die Mär, mündliches Vorlesen spare Rechenkraft und brächte Glück.

Samfonnans Handflächen wurden feucht. Er wünschte sich nach Arkon I, unter die Weite des freien Himmels und auf die riesigen Plätze der Städte. Enge wie in dieser Pilotenkanzel bereitete ihm Probleme, seit dem Zwischenfall. Nur mit Mühe gelang es ihm, die Ruhe zu bewahren. Ob dieser Beruf wirklich das Richtige für ihn war?

Endlich gelangten sie aus dem Gefahrenbereich. Tommisa gab mit den bugwärtigen Manövertriebwerken Gegenschub, bis das Bewegungsmoment aufgebraucht war. Die LK-2234 kam zum Stillstand und verharrte an der berechneten Zielposition.

Die Zaliterin drehte sich im Kontursessel um, sodass ihre Knie Samfonnans Oberschenkel berührten, blickte ihn ernst an. Ihre gealterten Gesichtszüge und das kupferrote Haar schimmerten unvorteilhaft im blauen Widerschein der Kontrollholos.

»Für die Khasurne und Essoya sind wir ebenso Abfall wie der, den wir für sie entsorgen. Es tut mir leid, dass du bei deinem ersten richtigen Einsatz gleich so etwas erleben musst, Miba.«

Miba. Ein kleines Nagetier, das auf Arkon II heimisch war: der Inbegriff der Niedlichkeit. Samfonnan hasste die Kosenamen, die Tommisa ihm gab.

Barsch winkte er ab. »Nenn mich nicht so.« Er wollte nicht niedlich sein, und noch weniger gefiel ihm, wenn andere so über ihn dachten. Schließlich war er 28, keine 19 mehr, auch wenn er in den Augen vieler noch immer so aussah. Scheiße erlebt hatte er ohnehin genug für hundert Jahre. Er rieb sich das bartlose Kinn.

Tommisa sprach weiter, in tröstenden Worten, doch Samfonnan hörte nicht zu. Durch die Glassitkanzel starrte er ins All, suchte die FAMA'ARK. Das Flaggschiff trieb, in einem Pulk baugleicher Einheiten, dem Zentrum des Sammelgebiets entgegen.

Wehmut überkam ihn beim Anblick des Raumers, dazu eine Art väterlicher Stolz. Einst, in einem anderen Leben, war das sein Schiff gewesen. Vor dem Zwischenfall. Das Flottenkommando und der Khasurn seiner Eltern aber hatten ihm alles genommen. Es machte die Demütigung durch den Kohlabwurf umso bitterer.

Tommisa hieb ihm mit der Faust gegen den Oberarm. »Diese Witzbolde werden sich keinen zweiten solchen Scherz erlauben. Unser Ansprechpartner auf dem Hügel der Weisen ist Zeremonienmeister Truk Drautherb. Mal sehen, was er dazu sagt.« Sie bat Samfonnan, eine Verbindung herzustellen.

»Was soll das bringen?« Er zuckte mit den Schultern. »Er wird uns genauso belächeln wie alle anderen.«

Dennoch wandte er sich zur Funkanlage. Es genügte, dazu den Oberkörper zu drehen. Dieser Platzmangel machte ihn irre.

Das Symbol des Kristallpalasts leuchtete im handspannengroßen Kommunikationshologramm. Wenig später wurde ein betagter Arkonide mit traditionell schulterlangem Silberhaar sichtbar. Er trug ein besticktes Prunkgewand in vornehmem Eisblau; die Kleidung eines Adligen, der keiner war.

»Womit verdiene ich die Ehre deines Anrufs, Müllmann?« Spöttisch deutete Drautherb eine Verbeugung an.

»Popanz!«, murmelte Tommisa – allerdings so leise, dass die Akustikfelder ihre Stimme nicht erfassten.

Samfonnan ignorierte sie. Es war gefährlich, Drautherb zu unterschätzen. Er kannte die Medienberichte über diesen Mann. Niemand stieg vom Essoya zum Zeremonienmeister des Kristallpalasts auf, wenn er unfähig war.

Eigentlich war es ein Wunder, dass Drautherb sich überhaupt zum Gespräch mit einem Masgar Skoa herabließ. Der Imperator selbst musste ihm befohlen haben, sich um alle Angelegenheiten der Flotte zu kümmern.

Umständlich stellte er sich vor: »Samfonnan di Quennion. Leitender Müllwerker und Gravomonteur im Bereich Arkon Drei. Veteran der imperialen Flotte, Ingenieurskorps.« Den Zusatz »unehrenhaft entlassen« verkniff er sich. Er war eben kein einfacher Müllmann.

»Wie lautet Ihr Anliegen?« Drautherb gab sich ungeduldig, aber hilfsbereit. Übergangslos wechselte er in die höfliche Anrede.

Samfonnan lehnte sich im Kontursessel zurück und schlug die Beine übereinander. Dass er sich so schnell Drautherbs Respekt verdient hatte, verwirrte ihn. »Ähm. Ihre Raumschiffbesatzungen verhalten sich unkooperativ.«

Drautherb hob eine Braue und beugte sich zur Seite. Offenbar prüfte...