Mark Aurel - Kaiser, Denker, Kriegsherr

von: Wolfgang Kuhoff

Kohlhammer Verlag, 2019

ISBN: 9783170307308 , 274 Seiten

Format: ePUB

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Preis: 31,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Mark Aurel - Kaiser, Denker, Kriegsherr


 

Vorwort


 

 

 

Marcus Aurelius – dieser Name hat auch heute noch einen guten Klang. Wer sich in der römischen Kaisergeschichte auskennt, denkt sogleich an einen pflichterfüllten Herrscher, der sich trotz einer eigentlich der Philosophie gewidmeten Lebensbestimmung dem Zwang drängender Umstände folgend den Oberbefehl seines Heeres übernahm, um eine Reichskrise bis dahin nicht gekannten Ausmaßes zu überwinden, die konzentrierte Angriffe zahlreicher auswärtiger Feinde vor allem in Europa dem Imperium Romanum gebracht hatten. Davon leitet sich die noch heute gebräuchliche Bezeichnung »Markomannenkriege« ab. Trotz der Frage einer richtigen Terminologie kann diese Leistung als die wichtigste seiner Herrschaft angesehen werden, für die er sogar sein Leben einsetzte.

In der Antike wurde der Kaiser fast uneingeschränkt als Musterbeispiel eines Herrschers angesehen, nur christliche Stimmen lasteten ihm eine angebliche Verfolgung von Glaubensgenossen im Jahre 177 im gallischen Lugdunum an. Die wichtigste Bestätigung seiner Lebensleistung bestand in der postumen Benutzung seines Thronnamens Marcus Aurelius Antoninus zur Benennung späterer Kaiser, auch wenn diese sich in den Fällen von Caracalla und Elagabalus als dessen unwürdig erwiesen. Immerhin dehnte der erstgenannte Herrscher das römische Bürgerrecht auf alle freien Reichsbewohner aus, was die Benennung von Millionen cives Romani als Marci Aurelii mit ihren individuellen Beinamen, den Cognomina, erbrachte. Anders als viele Persönlichkeiten der Weltgeschichte, auf die das Dictum Schillers zutrifft, ihr Bild in der Geschichte sei durch der Parteien Gunst verwirrt, kann Marcus Aurelius als positiv eingestuft angesehen werden. Dies unterstrich besonders sein zweihundert Jahre späterer Nachfolger Iulianus in seiner karikaturenhaften Zusammenschau über das Wirken der kaiserlichen Vorgänger. In späterer Zeit nahm Marcus Aurelius einen Ehrenplatz in der Reihe der antiken Herrscher ein, als sich die deutschen Kaiser bruchlos in deren Nachfolge einordneten, um ihre eigene Legitimation durch Bezugnahme auf die berühmten Vorgänger den Untertanen wirkungsvoll vor Augen zu führen. Der angebliche Gegensatz zwischen und die reale Verbindung von Philosoph und Herrscher wurde für ihn dabei als maßgeblich angesehen und hat ab und zu noch moderne Darstellungen bestimmt. Ob Marcus Aurelius auf diese Weise allerdings richtig gekennzeichnet werden kann, bedarf einer eingehenden Erörterung. Nicht zu bezweifeln ist jedoch die überragende Energie, mit der er während seiner gesamten Regierungszeit, zuerst mit seinem Adoptivbruder Lucius Verus, dann allein und schließlich nominell mit seinem Sohne Commodus zusammen die Staatsgeschäfte leitete. In den schwierigen Jahren der ersten großen Reichskrise bot er gewaltigen Problemen die Stirn, bis er am Ende den Status quo ante wiederherstellen konnte.

Der einzige schwerwiegende Vorwurf, der in Antike wie Moderne zur Sprache kam, besteht in der Frage, warum Marcus seinen einzigen überlebenden Sohn Commodus zum Nachfolger aufgebaut und dessen Charakterschwächen unberücksichtigt gelassen habe. Jüngere Untersuchungen betonen aber mit Recht seine konsequente Haltung, weil schon die drei unmittelbaren, söhnelosen Vorgänger meist ihre nächsten, wenn auch entfernten männlichen Verwandten als Nachfolger adoptiert hatten. Zudem wurde das von den Kaisern und ihren Propagandisten betonte Adoptionsprinzip in der mittleren Kaiserszeit als ideologische Überfrachtung einer einfachen biologischen Sachlage erkannt. Damit wurden die divi fratres Marcus Aurelius und Lucius Verus in die Realität zurückgeholt, ohne die erbrachten Leistungen als gering einzustufen. Was bleibt ist die traditionelle Einschätzung von Person und Wirken, die Aufgabe eines heutigen Historikers aber besteht in der Diskussion einer über Jahrhunderte hin gepflegten Charakterisierung eines Protagonisten der Weltgeschichte.

Diese hohe Meinung begründete eine vor wenigen Jahren vorgenommene finanzielle Maßnahme, nämlich die vom italienischen Staat verantwortete Darstellung des Marcus Aurelius als Rückseitenbild der landeseigenen 50 Cent-Münze. Es zeigt in stilisierter Form den Kapitolsplatz in Rom in der Form, die Michelangelo Buonarotti im Jahre 1538 gemäß dem Auftrag von Papst Paul III. gestaltet hatte. In die Platzmitte hatte der Architekt als Blickpunkt das Reiterstandbild des Kaisers, das rund 1.300 Jahre lang vor der Basilika von San Giovanni in Laterano gestanden hatte, versetzt. Hier fand die Statue einen wahrhaft würdigen Platz. Damit wurde zudem der städtebaulichen Entwicklung des sich langsam vom Niedergang des Mittelalters erholenden Rom ein Impuls verliehen. Noch vor der Euro-Münze zierte das Reiterbild allerdings schon die von der Stadt Rom jedes Jahr zu ihrem nominellen Geburtstag am 21. April herausgegebenen Gedenkmedaillen.

Der erste Dank des Autors gilt der früheren Lektorin im Kohlhammer Verlag, Frau Monika Weywar. Sie griff eine Idee von Johannes Burkhardt auf und schlug in ihrem Hause vor, die vorliegende Monographie für die Urban Taschenbücher zu verfassen. Die weitere Betreuung übernahmen danach Daniel Kuhn und Klaus-Peter Burkarth sowie zuletzt Peter Kritzinger in bester württembergischer Art. Da in jüngerer Zeit einige Bücher Marcus Aurelius behandelten, war es angeraten, im vorgegebenen Umfangsrahmen Schwerpunkte zu setzen: Sie betreffen weniger behandelte Sachverhalte wie die Erörterung der archäologischen Dokumente oder die Persönlichkeitseinschätzung in nachantiker Zeit. Deshalb gelten den verschiedenen Quellengattungen eigene Abschnitte, um ihre grundlegende Bedeutung zu unterstreichen. Da zudem die visuelle Ausgestaltung begrenzt ist, war auch hier eine Schwerpunktsetzung vonnöten. Ob dieses Ziel gelungen ist, müssen die Leser entscheiden.

Um einem breiteren Publikum die Möglichkeit genauerer Information zu geben, wurde auf ein umfängliches Literaturverzeichnis Wert gelegt. Dies bedeutet jedoch nicht die penible Berücksichtigung aller hier angeführten Beiträge, und eine Vollständigkeit wird ohnehin nicht beansprucht. Vornehmlich herangezogen wurden die Untersuchungen aus dem späten 20. Jahrhundert bis zum heutigen Tage. Die heutzutage übergroße Zahl an Tagungsbänden, hinter der spezielle Monographien merklich zurückstehen, erschwert allerdings den Überblick. Wert gelegt wurde außerdem auf eine umfängliche Zeittafel, um die Chronologie der behandelten Jahrzehnte auch außerhalb der Entscheidungsorte kaiserlicher Aktivitäten ausführlich vor Augen zu führen. Die im August 2018 erschienene stattliche Monographie von Alexander Demandt konnte leider nicht mehr berücksichtigt werden.

Bis zur Vollendung des Buches leisteten mehrere Personen wichtige Hilfestellung, und zwar Johannes Burkhardt, Johannes Eingartner, Giangiacomo Martines, Gunther Gottlieb, Valentin Kockel, Marion Lausberg, Cornelia Weber-Lehmann und Gregor Weber: Ihnen ist daher ein besonderer Dank abzustatten. Die Illustration durch Stücke aus dem Münzkabinett Berlin ist Karsten Dahmen zu verdanken. Für die Bereitstellung der Literatur und die Fernleihenbelieferung gilt der Universitätsbibliothek Paderborn ausdrücklicher Dank.

In einer umfänglichen neueren Untersuchung zu den Selbstbetrachtungen von Marcus Aurelius werden die ihm gewidmeten Monographien in drei Gruppen eingeteilt, und zwar diejenigen allein historischen Charakters, solche mit teilweiser Berücksichtigung auch der philosophischen Fragen und weitere mit schwerpunktmäßiger Interpretation der Selbstbetrachtungen für das politische Wirken. Das vorliegende Buch versteht sich dezidiert als eines, das der erstgenannten Gruppe zugehört und nur in einem für das Verständnis historischer Entwicklungen notwendig erscheinenden Maße die philosophischen Aspekte anspricht, weil diese eigenständiger Erörterungen bedürfen, von denen eine große Zahl vorliegt.1

Wegen des zur Verfügung stehenden Raumes können keine eingehenden Detailuntersuchungen kontroverser Aspekte vorgelegt werden, zumal die einschlägige Literatur weit über 1.000 Titel zählt: Aus diesem Grunde wurde der Nachdruck auf solche Beiträge gelegt, die aus jüngeren Jahrzehnten stammen. Natürlich ist damit keine Qualitätseinstufung verbunden.

Eine umfängliche Genealogie der Adoptivkaiser konnte aus technischen Gründen nicht eingefügt werden.

Zugeeignet ist das Buch dem Andenken an zwei wichtige Personen. Es sind meine der Vergangenheit stets aufgeschlossene Mutter Marianne sowie Géza Alföldy, der Lehrer und Freund aus lange zurückliegenden Bochumer und späteren Zeiten sowie Organisator gemeinsamer Reisen in Italien und Spanien auf den Spuren der antiken Kultur und besonders der römischen Epigraphik.

 

Paderborn, 23. Dezember 2018

Wolfgang...