Kreative Pferdefotografie - Pferde mit anderen Augen sehen

von: Renate Ettl

dpunkt, 2019

ISBN: 9783960887751 , 248 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 34,90 EUR

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Kreative Pferdefotografie - Pferde mit anderen Augen sehen


 

Besonders in der Wildpferdefotografie können Brennweiten von 600 mm und mehr notwendig sein, um weit entfernt stehende Herden ablichten zu können; Canon EOS 1D X mit Canon EF 600 mm f/4L IS II USM, 1/800 s, Blende 7,1, ISO 1250

2.1Ausrüstung


Da sich die Pferdefotografie mit den zahlreichen Sparten sehr vielfältig präsentiert, muss die Ausrüstung den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden. Der Turnierfotograf muss andere Ansprüche an seine Ausrüstung stellen als der Studiofotograf. Viele Pferdefotografen decken aber auch mehrere Genres ab und wünschen sich darum die berühmte »eierlegende Wollmilchsau« – also eine Kamera und ein Objektiv, die für jeden Zweck geeignet sind.

Die Kamera- und Objektivhersteller hingegen denken bei der Entwicklung ihrer Produkte aber leider weniger an den Pferdefotografen, sondern vielmehr an die vielen weiteren Einsatzgebiete von Kameras und Objektiven. Gerade »Nischenberufe« wie die der Pferdefotografie bleiben oft auf der Strecke. Dennoch findet man durchaus sehr gutes Handwerkszeug auf dem Markt, das die Bedürfnisse des Pferdefotografen gut abdeckt.

Zunächst stellt sich die Frage, welche Art von Pferdebildern man anfertigen möchte. Ist man viel Outdoor unterwegs oder fotografiert man lieber in Reithallen, auf Turnieren oder Events? Stehen Bewegungsbilder oder Porträts im Vordergrund des fotografischen Schaffens? Nach der Zielvorstellung richtet sich schließlich die Auswahl des Equipments.

Kamera

Es ist in der Fotografenbranche eine abgenutzte Floskel, dass nicht die Kamera, sondern der Fotograf das Bild macht. Selbstverständlich bestimmt der Fotograf den Bildausschnitt, die Perspektive und kann Einfluss auf Belichtung, Blende und ISO-Zahl nehmen. Trotzdem kann die Kamera die Arbeit des Fotografen sehr wohl unterstützen. Einerseits muss man die technischen Möglichkeiten der Kamera zu nutzen wissen, andererseits jedoch kann man sich nicht auf die Technik allein verlassen. Die Einstellvariationen einer DSLR (digital single-lens reflex) oder DSLM (digital single-lens mirrorless) sind so umfassend, dass man einige Zeit benötigt, um sich mit einem neuen Modell vertraut zu machen. Meist nutzt man in seiner fotografischen Sparte letztendlich nur einen Teil dieser Möglichkeiten.

Um gute Bilder zu kreieren, muss es nicht immer das neueste Modell sein. Doch man sollte die Variationen zu nutzen wissen und sich mit den Funktionen gut vertraut machen. Die Auswahl der geeigneten Kamera orientiert sich an den Ansprüchen des Fotografen. Ein größerer Dynamikumfang kommt mit problematischen Lichtverhältnissen besser zurecht, ein optimiertes Rauschverhalten bringt den Fotografen auch bei schlechtem Licht (Reithalle, Dämmerung) nicht in Verlegenheit, und eine schnelle Serienbildgeschwindigkeit hilft, die bevorzugte Galoppphase – ohne das Pferd mehrfach auf die Bahn schicken zu müssen – auf den Chip zu bannen. Der Fotograf wird sich deshalb die Kamera zulegen, die ihn am besten in seiner fotografischen Arbeit unterstützen kann.

Objektive

Fast noch wichtiger als die Kamera ist ein gutes Objektiv. Zwar sollten sich beide Komponenten optimal ergänzen, doch wenn man vor der Wahl steht, greift man lieber zur höherwertigen Optik, um sich die bestmögliche Bildqualität zu sichern. Es lohnt sich, in lichtstarke Objektive zu investieren, weil man in Reithallen oder im Wald schnell an machbare Belichtungsgrenzen stößt. Der Nachteil von lichtstarken Objektiven ist deren Größe und das deutlich höhere Gewicht. Ist man häufig im Gelände unterwegs oder fotografiert viel und lange, kann das den abendlichen Gang ins Fitnessstudio locker ersetzen.

Eine schnelle Serienbildgeschwindigkeit kann helfen, die beste Galoppphase einzufangen. Quarter-Horse-Wallach Spark hat sich für flotte Sprints beim Freilaufshooting tiefergelegt; Canon EOS 1D X mit Canon EF 70–200 mm f/2,8L IS II USM bei 130 mm, 1/2000 s, Blende 6,3, ISO 800

Entscheidend für die Wahl des richtigen Objektivs ist mitunter der Brennweitenumfang. In der Pferdefotografie haben sich Brennweiten zwischen 100 und 300 mm bewährt, sodass sich Optiken wie das 70–200 mm / f2.8 von Canon und Nikon oder das 120-300 mm / f2.8 von Sigma für den Pferdefotografen anbieten. Etwa 90 Prozent aller Pferdefotos entstehen im Brennweitenbereich von 100 bis 200 mm, sodass man mit einer dieser Linsen eine perfekte Grundausstattung hat. Für die Wildpferde- und Sportfotografie kann die Anschaffung einer größeren Brennweite jedoch notwendig sein. Je nach Aufgabengebiet sind Brennweiten von 400 bis 800 mm durchaus hilfreich.

Weiteres Zubehör

Neben der Grundausstattung von Kamera und Objektiv werden im Laufe der Zeit viele weitere Accessoires in die Fototasche einziehen. Nicht alles ist notwendiges Beiwerk, wiederum spielt es eine große Rolle, in welcher Branche man tätig ist.

Hilfreich ist ein Reflektor von etwa 1,50 m Durchmesser, der nicht nur als »Lichtumlenker« funktioniert, sondern auch sehr gut als Animationsgegenstand seine Dienste tut. In manchen Fällen kann ein Stativ eine gute Unterstützung sein, hinzu kommen verschiedene Filter (ND-Filter, UV-Filter und eventuell Polfilter). Brauchbar sind auch Blitzgeräte zum Aufhellen bei Gegenlicht, dunkler Umgebung oder in der Studiofotografie.

In der Fototasche befinden sich zwingend auch ein Ersatzbody, zusätzliche Akkus und Speicherkarten. Optional können Accessoires wie Fernauslöser, Konverter, Makro- und Weitwinkelobjektiv, Regenschutz sowie Taschenlampen und Animationsutensilien (Plastiktüte, Klingel, Rasseldose etc.) mitgeführt werden. Weiter im Gepäck sind ein dünnes Wanderreithalfter, Führstrick und gegebenenfalls mobiles Zaunmaterial zum Absichern bestimmter Areale während des Shootings.

2.2Wie macht man gute Fotos?


Die meisten Menschen wollen ein Rezept an die Hand bekommen, um etwas perfekt nachzuahmen. Doch wie in vielen anderen Bereichen funktioniert dies auch in der Fotografie nicht wirklich. Kopierte Bilder sind schlechte Bilder. Ohne die eigenen Gedanken zu nutzen, wird kein gutes Bild entstehen, denn die Bildidee muss sich zuerst im Kopf entwickeln.

Der 3-jährige Andalusierhengst Tamino im ausdrucksstarken Trab. Das Bild spiegelt die Kraft und Energie des jungen Hengstes wider; Canon EOS 1D X mit Canon EF 70–200 mm f/2,8L IS II USM bei 102 mm, 1/1600 s, Blende 6,3, ISO 1000

Der Fotograf hat eine Idee, eine Vorstellung, wie er etwas in Szene setzen möchte. Nun muss er sich Gedanken darüber machen, welche Voraussetzungen nötig sind, um diese Idee umzusetzen. Dieser kreative Prozess ist ein wichtiger Schritt zu einem guten Bild.

Learning by Doing

Ein bewährter Weg, um zu guten Bildern zu gelangen, ist, jede Gelegenheit zum Fotografieren zu nutzen. »Learning by Doing« heißt das Zauberwort. Fotografieren kann man nur lernen, wenn man es auch tut. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, und auch der preisgekrönte Fotograf hat irgendwann einmal mit dem Fotografieren begonnen. Auch seine ersten zehntausend Bilder sind später meist im Müll gelandet. Doch sie waren nicht umsonst, da diese Bilder für seine persönliche Entwicklung von Nutzen waren. Die Sichtung und kritische Beurteilung der eigenen Bilder ist ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung der eigenen fotografischen Fähigkeiten. Dies erfordert ein hohes Maß an Selbstkritik.

Selbstkritik

Bevor man Selbstkritik üben kann, muss man die Regeln der Fotografie beherrschen. Ein Foto ist nicht automatisch dann gut, wenn es einem gefällt. Erst wenn es der neutrale Betrachter positiv beurteilt, kann man von einem guten Foto ausgehen. Die eigene Meinung zählt bei der Fotobeurteilung am wenigsten. Weshalb ist das so?

Der Fotograf kennt die Entstehungsgeschichte des Bildes, er weiß ganz alleine, wie aufwendig es war, dieses eine Bild zu fotografieren. Vielleicht ist er stundenlang bibbernd in der Kälte gesessen oder hat sich bis zur Erschöpfung abgemüht, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Möglicherweise brauchte es noch großes Glück, bis endlich die lang ersehnte Situation eingetreten war, auf die er vielleicht jahrelang gewartet hat, um sie letztendlich ablichten zu können. Dieses für ihn seltene Foto ist für den Fotografen verständlicherweise besonders wertvoll. Er wird das Bild lieben. Auch wird er den Bildern der eigenen Pferde, die er besonders ins Herz geschlossen hat, eine höhere Wertigkeit zusprechen als den Fotos von Fremdpferden. Zudem bevorzugt er eine bestimmte Pferderasse oder -farbe, was ihn parteiisch für spezielle Bilder macht. Für den Außenstehenden spielen diese Faktoren aber keine Rolle. Er sieht nur das Ergebnis und entscheidet, ob ihn dieses anspricht oder nicht.

Ein ungewöhnliches, weil kreativ angeschnittenes und weichgezeichnetes Low-Key-Porträt des 7-jährigen Merens-Wallachs Bonny; Canon EOS 1D X mit Canon EF 70–200 mm f/2,8L IS II USM bei 102 mm, 1/60 s, Blende 3,5, ISO 800

Die Blickwinkel von Fotograf und neutralem Bildbetrachter sind völlig unterschiedlich. Aus diesem Grund ist es insbesondere für den Anfänger schwierig, die eigenen...