Bianca Exklusiv Band 314

von: Sherryl Woods, Lorna Michaels, Wendy Warren

CORA Verlag, 2019

ISBN: 9783733737078 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 5,49 EUR

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Mehr zum Inhalt

Bianca Exklusiv Band 314


 

PROLOG

„Pack deine Sachen, und komm nach Virginia“, forderte Ashley ihre kleine Schwester Jo auf, deren Welt gerade wie ein Kartenhaus zusammengebrochen war. Die jüngste der D’Angelo-Schwestern hatte am Tag zuvor erfahren, dass ihr Verlobter sie betrogen und belogen hatte.

Jo seufzte. Sie hatte vorgehabt, den ganzen Tag im Bett zu verbringen, vor sich hin zu grübeln und vielleicht die Packung Eiscreme aufzuessen, die sie noch im Gefrierschrank hatte. Doch dieser Plan war von dem Anruf ihrer drei Schwestern rasch vereitelt worden. Jo ahnte nämlich, dass die anderen beiden mithörten, obwohl Ashley bisher die Einzige war, die mit ihr gesprochen hatte.

„Wie hast du das herausgefunden?“ Sie hatte geglaubt, ihren Eltern unmissverständlich klargemacht zu haben, dass ihre aufgelöste Verlobung etwas war, was sie ihren Schwestern selbst sagen wollte – vielleicht im Juni, wenn sie den ersten Schock überwunden hatte.

Unglücklicherweise fiel es Max und Colleen D’Angelo sehr schwer, den Mund zu halten. Sie fanden, dass Familien in Krisenzeiten zusammenhalten sollten, und Jos größere Schwestern hatten diese Lektion offenbar gut verinnerlicht.

„In dieser Familie kann man eben nichts lange geheim halten“, erwiderte Ashley trocken und bestätigte damit Jos Vermutung. „Ich verstehe allerdings nicht, warum du es uns nicht selbst gesagt hast. Du hättest uns sofort anrufen sollen, als du entdeckt hast, dass James dich betrügt.“

„Warum?“, brummte Jo. „Damit ihr nach Boston kommt und ihn persönlich lyncht?“ Erschrocken stellte sie fest, dass dieses Bild ihr eine gewisse Genugtuung bereitete. Seit wann – um Himmels willen – war sie so blutrünstig?

„Nun ja, wäre doch angebracht, oder?“, meinte Ashley sarkastisch.

„Das ist genau der Grund, warum ich euch nicht angerufen habe“, erklärte Jo, während ihr ein Schauer über den Rücken lief. Bei Ashley konnte man nie wissen, sie war zu allem fähig. „Ich gehe mit Krisensituationen gern auf meine Weise um. Außerdem bin ich nicht wild auf euer Mitgefühl und habe schon gar nicht vor, einfach davonzulaufen. Es war schon demütigend genug, James mit einer anderen Frau im Bett zu erwischen. Ich werde mich nicht auch noch von ihm aus der Stadt jagen lassen. Mein Leben ist hier in Boston, und das werde ich nicht irgendeines Schuftes wegen ändern.“

James’ Betrug machte sie erst recht entschlossen, in Boston zu leben. Viel zu lebhaft hatte er die Erinnerung an einen anderen Mann geweckt, den sie einst geliebt und der sie damals ebenfalls betrogen hatte. Im Übrigen war jener Mann auch der Grund dafür, warum sie niemals mehr ins Rose Cottage, das Haus ihrer Großmutter in Virginia, zurückkehren wollte.

„Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich nachgeben und herkommen“, schaltete Maggie sich jetzt ein.

„Ja“, fügte Melanie hinzu. „Sonst fahre ich nach Boston und hole dich persönlich.“

Jos Lachen ging in ein Schluchzen über. Auch sie hatte seinerzeit jede der drei Schwestern gedrängt, ins Rose Cottage zu fahren, als sie eine Krise durchstehen mussten. Jetzt bereute sie es. Wie sollte sie ihren Schwestern erklären, dass die Dinge bei ihr anders lagen? Dass ein Rückzug ins Rose Cottage ihr nicht helfen, sondern alles nur noch schlimmer machen würde? Dann müsste sie das Geheimnis preisgeben, das sie so viele Jahre vor ihnen verborgen hatte, und der Ärger würde erst richtig beginnen.

„Ich kann nicht“, flüsterte sie. Für Ashley, Maggie und Melanie mochte das Rose Cottage in den schwierigen Momenten der richtige Platz gewesen sein. Das Haus ihrer Großmutter war jedoch der Ort, an dem ihr Herz zum ersten Mal gebrochen worden war. Wie konnte es dort heilen, wenn die Schatten der Vergangenheit sie dort verfolgen würden? Und nicht nur die Schatten – sie lief auch Gefahr, dem Mann, den sie mehr als ihr Leben geliebt hatte, tatsächlich zu begegnen.

„Ich hätte gern gewusst, warum nicht“, erwiderte Ashley. „Wenn du keinen Urlaub nehmen kannst, dann kündige eben.“

„Meine Arbeit ist nicht das Problem“, meinte Jo kläglich, obwohl es sie nicht überraschte, dass ihre älteste Schwester daran als Erstes dachte. Selbst jetzt, da sie verheiratet war, hatte Arbeit noch immer einen großen Stellenwert in Ashleys Leben.

„Was ist es dann?“, fragte Ashley.

„Ich bin hier einfach besser aufgehoben“, behauptete Jo und wusste, wie wenig überzeugend ihre Antwort klingen musste. Auf keinen Fall jedoch wollte sie die Wahrheit erzählen. Ihre Schwestern wussten nichts von der großen Liebe in jenem Sommer, den sie im Rose Cottage verbracht hatte. Alle drei hatten damals Sommerjobs in Boston gehabt, während sie den ganzen Sommer bei ihrer Großmutter – und mit Pete – verbracht hatte.

Sie war sich damals absolut sicher gewesen, dass Pete der Mann ihres Lebens wäre. Sie hatte ihm geglaubt, als er sagte, er würde sie lieben, glaubte ihm, als er ihr versprach, er würde bis zum folgenden Jahr auf sie warten.

Doch bereits als die ersten Blätter fielen, erwähnte ihre Großmutter wie nebenbei, dass Pete geheiratet hätte. Einige Monate später wurde dann ein Baby geboren. Ein Junge.

Sie und ihre Großmutter hatten vor den anderen den Schein aufrechterhalten, dass sie nur ein wenig Klatsch über einen Bekannten weitergaben, aber Jo hatte das Mitgefühl in Grannys Worten herausgehört. Ihre Großmutter hatte nur zu gut gewusst, dass diese Nachricht ihre Enkelin am Boden zerstören würde.

Jo hatte sich zutiefst verraten gefühlt, besonders, weil der junge Mann, den sie liebte und dem sie vertraut hatte, noch nicht mal den Mut aufgebracht hatte, ihr persönlich zu gestehen, wie grundlegend sein Leben sich verändert hatte. Das hätte zwar den Schmerz nicht erträglicher gemacht, hätte ihr aber gezeigt, dass sie sich nicht ganz in ihm geirrt und dass sie ihm mal etwas bedeutet hatte.

Sie hatte Jahre gebraucht, bis sie den Mut fand, ihr Herz ein zweites Mal zu verschenken. Und jetzt war ihr genau das Gleiche wieder passiert.

Nein, Virginia war eindeutig nicht der Ort, an den sie gehörte. Sie musste zu Hause in Boston bleiben und sich in ihrer Arbeit vergraben. Jo liebte ihren Beruf als Landschaftsarchitektin, und sie hatte Freunde, wenn die ihr auch nicht so nahestanden wie ihre Schwestern.

„Ich kann nicht kommen“, wiederholte sie mit ausdrucksloser Stimme.

Melanie seufzte theatralisch. „Das bedeutet, dass wir morgen früh abfahren müssen. Nicht wahr, Ash und Maggie?“

„Ich werde um fünf Uhr reisefertig sein. Wie steht es mit euch?“

„Fünf ist eine ausgezeichnete Zeit.“

„Nein!“, protestierte Jo, obwohl sie wusste, dass es vergebens war. Ihre drei Schwestern würden keine Ruhe geben, bevor sie ihr Nesthäkchen nicht wenigstens ein paar Tage lang bemuttert hatten. Das war der Fluch, die Jüngste zu sein.

„Du wirst uns nicht aufhalten können“, drohte Ashley ihr an. „Es sei denn, du entscheidest dich, freiwillig zu uns zu kommen. Bleib doch den ganzen Winter bei uns. Du wirst sehen, wie friedvoll und ruhig es hier ist. Wir werden dich auch nur stören, wenn du es möchtest.“

„Das soll wohl ein Witz sein. Als ob ihr Rücksicht nehmen würdet“, erwiderte Jo. „Vielleicht komme ich für ein Wochenende, damit ihr seht, dass ich kein Häufchen Elend bin. James ist es nicht wert, dass ich seinetwegen auch nur eine Träne vergieße.“

Sie würde ihre Abneigung gegen Rose Cottage einige Tage verdrängen können und dann so schnell wie möglich wieder nach Boston zurückkehren. Sie würde sich einfach, so gut es ging, im Haus aufhalten, damit sie Pete ja nicht über den Weg lief. Doch allein auf der Fahrt nach Irvington würde sie sich an ihre erste große Liebe erinnern. Ihre Schwestern hatten ihr berichtet, dass er der größte Bauunternehmer am Ort geworden war. Er hatte sich einen Namen gemacht. Plakate und Tafeln zeugten an allen Ecken und Enden der Region davon, wie viele Aufträge er übernommen hatte. Sein Traum, über den sie damals so viel gesprochen hatten, war Wirklichkeit geworden – allerdings mit einer anderen Frau an seiner Seite.

„Ein paar Tage werden nicht reichen“, antwortete Melanie bestimmt. „Sogar Ashley, unsere Arbeitswütige, hatte seinerzeit drei Wochen geplant. Du wirst es also doch wohl schaffen, einen Monat bei uns zu bleiben.“

„Genau“, pflichtete Ashley ihr bei. „Außerdem bist du Landschaftsarchitektin. Ich glaube kaum, dass du im Winter in Boston sehr viel Arbeit hast. Vielleicht könnte Mike dir etwas Arbeit beschaffen. Er hat sowieso mehr Aufträge, als er im Moment bewältigen kann.“

„Ihr habt euch das alles bereits ausgedacht, bevor ihr angerufen habt, nicht wahr?“, fragte Jo resigniert. „Ihr habt auch sicher schon mit Mike gesprochen.“

„Natürlich“, erwiderte Ashley fröhlich. „Ich gehe schließlich auch nie in den Gerichtssaal, ohne mich vorbereitet zu haben. Außerdem war das sogar Mikes Idee, nicht wahr, Melanie? Er sucht dringend eine talentierte Landschaftsarchitektin.“

„Stimmt“, bestätigte Melanie, „er hat mehr Arbeit, als er verkraften kann, Jo. Du würdest ihm einen riesengroßen Gefallen tun. Und mir auch. Ich würde wirklich gern mehr Zeit mit meinem Mann verbringen. Komm schon. Sag bitte Ja, Jo.“

Jo seufzte.

„Ruf uns an, wenn du unterwegs bist“, meinte Maggie, die offensichtlich davon überzeugt war, schon gewonnen zu haben. „Wir werden im Rose Cottage ein Feuer machen und dir etwas Gutes kochen. Der Ortswechsel wird dir guttun....