Schenke deinem Kind Wurzeln und Flügel - Geführte Selbsthypnose bei Kindern

von: Beate Blumrich

nymphenburger Verlag, 2019

ISBN: 9783485061582 , 208 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 16,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

Schenke deinem Kind Wurzeln und Flügel - Geführte Selbsthypnose bei Kindern


 

Einführung

Eltern unter Druck: Kinder fit machen für die Leistungsgesellschaft?

Als ich unlängst im Internet zum Thema »Elternhypnose« recherchierte, war ich erstaunt und erschreckt zugleich: Eltern, die stolz darauf sind, dass sie, als völlige Hypnose-Laien, mittels hypnotischer Techniken ihre Kinder dazu gebracht hatten, ihre Zimmer aufzuräumen, Hausaufgaben zu machen und »endlich« gerne in die ungeliebte Schule zu gehen! In YouTube-Anleitungen verbreiten diese Eltern ihre Erfolgsrezepte: Sie versetzen ihre Kinder beispielsweise über Augenfixation mit einem Pendel in Trance und führen sie dann in einen Zustand tiefer Entspannung, nur um ihnen so ihre eigenen Vorstellungen von Disziplin, Ordnung und Fleiß zu suggerieren!

Meine ersten Gedanken dazu waren folgende: Diesen Menschen ist ganz offensichtlich nicht bewusst, welche natürliche Macht sie als Eltern ohnehin über ihre Kinder haben. Voller Empörung schimpfte die Hypnotherapeutin in mir, dass sie, mit vordergründig guter Absicht, völlig unreflektiert die Abhängigkeit ihrer Kinder ausnutzen, um diese zu angepassten Erwartungserfüllern zu dressieren. Und weiter noch: Sie unterwandern mit solchen Methoden das kindliche Autonomiebedürfnis, was nachgerade einer Kinderrechtsverletzung gleichkommt!

Mit längerem Nachdenken über dieses Phänomen wurde meine Empörung jedoch abgemildert. Die wenigsten dieser Eltern wollen einfach nur Macht ausüben – weiß ich doch aus meiner langjährigen Beschäftigung mit bewussten und unbewussten Denk- und Handlungsmotiven, dass es in der Regel eine gute Absicht geben muss. So fand ich eine wesentliche Erklärung darin, dass die allermeisten dieser Eltern ganz offensichtlich von Sorge, wenn nicht gar Angst um die Zukunft ihrer Kinder angetrieben werden: Weltweit ist ein zunehmendes Auseinanderklappen der sozialen Schere zu beobachten. Unter dem Einfluss kapitalistischer Werte ist Geld zu einem erstrebenswerten Selbstzweck geworden; Ressourcen werden längst nicht mehr verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert zum Wohle aller eingesetzt, sondern dienen einigen wenigen, um immer höhere Gewinne zu erzielen. In einer solchen Gesellschaft der Leistungsorientierung, Gewinnmaximierung und Selbstoptimierung im Sinne der Wirtschaft gibt es zwangsläufig immer deutlichere Systemgewinner und Systemverlierer. Eltern empfinden daher einen wachsenden Druck, ihren Kindern die allerbesten Zukunftschancen zu ermöglichen. Wer will schon sein Kind auf der »Verliererseite« stehen sehen? Erziehungsratgeber propagieren optimale Frühförderung, die idealerweise schon mit musikalischer Früherziehung im Mutterleib beginnt. Mit Fremdsprachenunterricht in mehrsprachigen Kindergärten, ständigen Wettkampf- und Wettbewerbsteilnahmen in allen möglichen Bereichen bis hin zu langen Auslandsaufenthalten noch während der Schulzeit wird das Leben der Kinder von klein auf durchgetaktet. Eltern, die sich solche bereits als soziale Pflichten empfundenen Maßnahmen nicht leisten können, haben ein schlechtes Gewissen, und deren Kinder erscheinen oder fühlen sich benachteiligt.

Bestseller wie Amy Chuas Buch »Die Mutter des Erfolgs – wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte« von 2011 (im Original: Battle Hymn of the Tiger Mother) sind ein Sinnbild dieser gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie suggerieren, dass frühzeitiges Leistungsdenken, Fleißanforderungen und Disziplinierungen der Kinder wünschenswerte Erziehungsstrategien sind, um den Nachwuchs fit zu machen für den späteren Erfolgsweg. Dabei wird billigend in Kauf genommen, dass derart geförderte und geforderte Kinder bereits im Grundschulalter zunehmend psychosomatische Symptome der Überforderung und Selbstentfremdung aufweisen. Die Bandbreite reicht dabei beispielsweise von unspezifischen Kopf- und Bauchschmerzen über Schlafstörungen und Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu Ängsten und schwereren psychischen und psychiatrischen Störungen.

Der gesellschaftliche Tenor lautet: So ist das eben – wer etwas erreichen will, zahlt den Preis dafür! Sind doch die modernen jungen Eltern bereits selbst schon die Enkelgeneration des Wirtschaftswunders und haben die Prinzipien des Erfolgsdenkens am eigenen Leib erfahren. Nicht, dass diese Eltern ihren Kindern bewusst schaden wollen – ganz im Gegenteil! Zähne zusammenbeißen, Erwartungen erfüllen, Ellbogen einsetzen: Die Konkurrenz ist groß, und auf der Erfolgsseite lockt die Belohnung in Form von sozialen Vorteilen und der Anschaffung beworbener Luxus- und Konsumgüter. Kann das das Ziel von Erziehung sein?

Kinder unter Druck: Ungesunde Anpassung führt zu Selbstentfremdung

»Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an ein krankes System zu sein!«

Jiddu Krishnamurti

Brauchen, wollen wir wirklich ein Volk erfolgsorientierter Egozentriker? Ist es tatsächlich erstrebenswert, unsere Kinder zu Mitspielern in diesem kapitalmarktgesteuerten, ressourcenverschwendenden großen Gesellschaftsspiel zu erziehen? Darf eine wirtschaftliche Erfolgsethik mit ihrem Einfluss unsere schulpädagogischen Prinzipien und die Erziehungsgrundfesten in den Köpfen der Eltern bestimmen? Ist es nicht etwa der angstmotivierten Anpassung an dieses Wertesystem geschuldet, dass Eltern den Zugang zu ihren tieferen, naturgemäßen Überzeugungen verschüttet haben? Und wie hoch ist der Preis dafür aufseiten der Eltern, der Gesellschaft und vor allem der Kinder?

Zugegeben, meine Darstellung ist womöglich etwas pauschalisierend, aber meine Erfahrungen in der hypnotherapeutischen Behandlung sowohl Erwachsener als auch Kinder bestätigen, dass Menschen die Herausforderungen unserer Gesellschaft genauso erleben. Statistiken belegen dies, und in meiner Praxis sehe ich täglich die Folgen eines solch ungesunden Anpassungsdrucks, erschreckend rasch zunehmend auch bei immer jüngeren Kindern.

Glücklicherweise leben wir jedoch in einer Zeit, in der diese Entwicklung zunehmend kritisch hinterfragt wird. Diese Beobachtung sowie meine Überlegungen zum Phänomen der »Elternhypnose« machten mir deutlich, dass es einen wachsenden Bedarf gibt, sowohl den kritischen als auch den sorgenvollen und hilflosen Eltern wirklich gute Wege aufzuzeigen:

  • sich in unserer Gesellschaft selbst neu zu orientieren und zu entängstigen;
  • zurück zu ihren eigenen angeborenen Erziehungsressourcen zu finden;
  • ihre Kinder stark zu machen, auch gegen den Anpassungsdruck ihre natürlichen Potenziale zu entwickeln.

Dabei sind die Werkzeuge der Hypnose grundsätzlich auch für Laien ausgezeichnet geeignet, vorausgesetzt, sie werden respektvoll, im Sinne der Naturprinzipien und verantwortungsbewusst eingesetzt. Das bedeutet auf jeden Fall auch, die Grenzen zu kennen und keinesfalls zu überschreiten. Hypnose darf grundsätzlich und insbesondere auch als Laienhypnose nur eingesetzt werden, um die eigenen und auch die Ressourcen der Kinder zu stärken, unter Achtung der Würde, Selbstbestimmtheit und des Autonomiebedürfnisses der Kinder.

Somit war die Idee für dieses Buch geboren: Geführte Selbsthypnose für Kinder – schenke deinem Kind Wurzeln und Flügel.

Im ersten Teil erfahren Sie, worin die natürliche Macht von Eltern über ihre Kinder besteht und weshalb es außerordentlich wichtig ist, bewusst und verantwortungsbewusst im Sinne einer gesunden kindlichen Entwicklung mit dieser Macht umzugehen.

Der zweite Teil des Buches bringt Sie in ausgewählten Selbsthypnoseübungen zu Ihren eigenen Erziehungsressourcen: Sie begegnen dem »guten Geist der Familie« und lernen, als wichtigste erzieherische Struktur, Ihren »Inneren liebevollen Leitwolf« kennen. Darüber hinaus finden Sie einen Zugang zu der Fähigkeit, Ihren Kindern das stets notwendige Vorschussvertrauen zu geben. Diese Kräfte fördern Gelassenheit, Ihr eigenes Vertrauen in sich und die Zukunft und ermöglichen Ihnen, Ihren Kindern altersgemäße Rahmen zu setzen, ohne deren autonome Selbstentwicklung zu beschränken. Notwendigerweise lernen Sie dabei auch, Ihre eigenen Motivationen zu erkennen und zu hinterfragen. Selbstreflexion und Rückanbindung an Ihre ureigenen, über Jahrtausende gereiften weisen Prinzipien von Elternschaft befähigen Sie, anschließend wirklich verantwortungsbewusste Hypnosen mit Ihren Kindern durchzuführen.

So vorbereitet, gibt Ihnen dann der dritte Teil des Buches in kindgerechten Hypnose-Anleitungen konkrete Werkzeuge in die Hand, Ihre Kinder zu deren eigenen Ressourcen zu führen: Sie begleiten diese beispielsweise zu einem »Inneren sicheren Rückzugsort« sowie »Inneren Helferfiguren«, und Sie eröffnen ihnen Wege für einen guten, naturgemäßen Umgang mit Gefühlen wie Wut, Angst oder Frustration. Dabei ermöglichen die Formulierungen der Anleitungen Ihrem Kind sogar, das eigene Erleben während der Übungen vor Ihnen zu verbergen, sofern es das möchte – das gehört zum Wahren der Würde und Persönlichkeitssphäre Ihres Kindes. Denn indem Sie Ihre Neugier zügeln und das aushalten, vermitteln Sie nonverbal eine wichtige Erziehungsbotschaft von Respekt und Vertrauen.

Kinder sind die Zukunft

Wenn Sie bereits mein Buch »Geführte Selbsthypnose. Wenn nichts hilft, zaubere!« kennen, wissen Sie, dass ich dieses unter Anwendung von Selbsthypnosestrategien geschrieben habe. Nun, auch dieses Buch ist in Selbsthypnose entstanden: Ich habe einen wundervollen Persönlichkeitsanteil, der als »Innerer Autor« verantwortlich ist für das Gelingen eines Buches. Die Vorarbeit leistet er oft in meinem Unbewussten – wenn ich mich dann bewusst zum Schreiben an den Tisch setze, diktiert er mir die Ergebnisse seiner inneren Recherchen und Strukturierungen in meine Finger. Er steht in gutem Kontakt zu anderen meiner...