Meisterkurs Rhetorik - Der Weg zum Kommunikationsprofi

von: Benedikt Held

Redline Verlag, 2019

ISBN: 9783962671457 , 240 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 21,99 EUR

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Meisterkurs Rhetorik - Der Weg zum Kommunikationsprofi


 

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Grundlagen der Kommunikation


Als Erstes sprechen wir, wie angekündigt, über die Theorie, also den Grundlagen effektiver Kommunikation. Ein wichtiges Thema, weil man sein Fundament kennen muss. Das kann man sehen wie beim Hausbau: Zuerst braucht es das Fundament, bevor man am Dach arbeiten kann. Und während das Dach vielleicht die rhetorischen Tricks, die Kniffe auf körpersprachlicher oder stimmlicher Ebene sind, beschäftigen wir uns hier mit dem Gießen des Fundaments, bevor wir zu den Hausmauern, den Überzeugungsstrategien, später übergehen.

Was ist Kommunikation also und, weitergeführt, was ist überzeugende Kommunikation? Was ist gemeint, wenn wir von Rhetorik oder überzeugender Kommunikation, also effektiver Kommunikation, sprechen? Wie kann man sie anwenden? Kommunikation besteht aus drei Bestandteilen: verbal, nonverbal und paraverbal. Verbal ist das, was man transkribieren könnte, also der Teil, der vom gesprochenen Text zum schriftlichen Text umgewandelt werden kann, also der klassische Inhalt und ein Teil der Rhetorik. Allerdings verwendet man Rhetorik auch für stimmliche Muster und Kommunikationsmuster, die auf der nonverbalen, also der körpersprachlichen Ebene funktionieren. Die Körpersprache (nonverbal) und die Stimmmodulation (paraverbal), die anderen beiden Ebenen der Rhetorik, sind wiederum nicht auf einem Papier abbildbar. Vor allem an der verbalen Ebene kann man arbeiten. Man kann sich überlegen, welche Inhalte eingebracht werden und wie diese dann rhetorisch verpackt werden. Dabei geht es noch nicht darum, mit welcher Körpersprache und Stimme man arbeiten wird, sondern nur darum, wie man diese Inhalte verpackt. Zum Beispiel mithilfe von Framing, was ich später noch erklären werde, oder rhetorischen Stilmitteln und verschiedenen psychologischen Effekten.

Dann gibt es, wie gesagt, die zweite Ebene: die körpersprachliche oder nonverbale Ebene. Manche zählen hier auch die Stimme mit rein, weil sie nicht Teil des verbalen, des sprachlichen Aspekts ist, aber ich sehe sie eher auf einer zusätzlichen Ebene, wie es oft auch in wissenschaftlichen Artikeln differenziert wird. Körpersprache bedeutet vor allem Gestik und Mimik. Hier geht es zum Beispiel um Proxemik, um den Platzabstand, darum, wie viel Platz man einnimmt, wie nah man zu anderen steht, wie weit entfernt man ist, aber auch um ganz kleine körpersprachliche Signale, wie das Anschauen von anderen, ob direkt oder beispielsweise über die Schulter, und natürlich auch um das Publikum. Etwa, ob man die ganze Zeit auf die Präsentation blickt und dabei redet oder ob man sein Publikum direkt anschaut.

Die dritte Ebene ist die paraverbale, also alles, was auf stimmlicher Ebene mitschwingt (Stimmmodulation, Stimmmelodie, Betonung, Pausensetzung). Wenn wir also bei der obigen Definition bleiben und die sprachliche, die verbale Ebene das ist, was man als transkribierten Text lesen kann, ist die zweite, die nonverbale Ebene das, was man sehen kann, während die dritte Ebene die auditive, die tonale ist, die man hören kann. Das heißt, dass im Radio die zweite Ebene, die körpersprachliche, wegfällt, aber in der Zeitung sogar die beiden letzten Ebenen. Was an dieser Stelle betont werden muss: Auch wenn manchmal nicht alle drei Ebenen vorhanden sind, so wirken doch alle auf ihre Art psychologisch. Evolutionsbiologisch betrachtet wirken die zweite und die dritte Ebene mehr als die erste. Die wohl bekannteste, aber auch am häufigsten falsch interpretierte Studie dazu ist die Mehrabian Studie von Albert Mehrabian aus dem Jahre 1967. Viele Kollegen sagen, das Resultat der Studie sei, dass der Inhalt nur zu 7 Prozent, die Stimme zu 38 Prozent und die Körpersprache zu 55 Prozent bei der Interpretation einer Aussage zähle. Mehrabian selbst äußerte sich mittlerweile mehrmals dazu, dass die Interpretationen der Studie nicht generell auf alle Situationen übertragen werden können. Sicher hat in den meisten sozialen Situationen Stimme und Körpersprache einen größeren Einfluss auf die Wirkung als der Inhalt der Botschaft selbst: Wenn ich »Ja, ich mag dich vollkommen« einmal verliebt, einmal gelangweilt und einmal sarkastisch ausspreche, dann ändert sich der Inhalt zwar nicht – die Wirkung aber natürlich zur Gänze!. Es gibt aber andere Fälle, in denen die Stimme oder die Körpersprache unwichtig sind und nur darauf geachtet wird, was man sagt. Beispielsweise ist es bei einem Bewerbungsgespräch zwar unglaublich wichtig, dass man eine offene, selbstbewusste Kommunikation an den Tag legt, aber die sieben Prozent des Inhalts tragen die Hauptlast: Wenn die nicht fundiert sind, bekommt man die Stelle nicht, egal wie gut das Körpersprachen- und Rhetoriktraining war. Der Kontext bestimmt also, welche Ebene die wichtigste ist. Trotzdem sollte man grundsätzlich alle drei Ebenen beachten und in der Vorbereitung berücksichtigen.

Psychologisch betrachtet sind die letzten beiden Ebenen die wichtigsten. Das nennt man den Dr.-Fox-Effekt, der auf der Geschichte eines angeblichen Doktors basiert – eine Geschichte über einen Mann, der besonders gut angezogen war, der viel auf der körpersprachlichen und stimmlichen Ebene getrickst hat, der angeblich äußerst renommiert, eine große Autorität in seinem Bereich war. Der im Anzug kam, mit Krawatte und Einstecktuch, viele Statussymbole auf körpersprachlicher Ebene zur Schau stellte. Dieser Dr. Fox überzeugte viele Menschen von seinem Standpunkt und seinen Inhalten, obwohl das, was er sagte, keinerlei Fundament hatte und keinen inhaltlichen Sinn ergab. Man mag es kaum glauben, aber er hat sogar Experten überzeugt. Er redete über Spieltheorien und wie diese mit anderen Kontexten zusammenhängen. Weil die Zuhörer seine Rede für gut befanden, für spannend und somit interessant, glaubten sie ihm. Ich möchte damit ausdrücken, dass wir hier Rhetorik besprechen, nicht, um dann schwachsinnige Inhalte zu verbreiten, sondern ich möchte damit vielmehr illustrieren, wie wichtig die Wirkung ist, die man an den Tag legt, wie wichtig die Vorbereitung ist. Dass Inhalte zählen, aber sie mit einer guten Außenwirkung einfach noch mehr zählen. Ich erinnere da an dieser Stelle noch einmal an die wirklich klugen, aber leider kommunikativ unfähigen Nerds aus meiner Programmierklasse.

Auch ich könnte in meinen Videos auf meinem YouTube-Kanal der RedeFabrik mit nacktem Oberkörper oder einem ausgefranzten, fleckigen T-Shirt stehen statt im Anzug. Ich hätte dann zwar die gleichen Inhalte – auf verbaler Ebene –, aber auf den anderen Ebenen würde man mich dermaßen schlecht einschätzen, dass man meine Inhalte nicht mehr ernst nehmen würde. Es ist also äußerst wichtig, auf alle drei Ebenen zu achten. Wie ich oben bereits erwähnte: Evolutionsbiologisch betrachtet sind die zwei letzten Ebenen die wichtigeren, ich muss also nicht mehr so viel auf meine Inhalte achten, die sitzen einfach, ich kann mich auf den Rest konzentrieren. Dazu ein kleines Beispiel: Wir nehmen innerhalb von Sekundenbruchteilen die Körpersprache einer Person wahr, bevor diese überhaupt angefangen hat, zu sprechen. Das hängt mit unserem Stammhirn, dem sogenannten Reptilienhirn, zusammen. Wie unsere weit entfernten Vorfahren, die Urmenschen, scannen wir nach wie vor unbewusst und kontinuierlich die Umwelt nach Gefahren ab, nach potenziellen, besonders aufmerksamkeitsträchtigen Einflüssen um uns. Genau da kommt die körpersprachliche Ebene ins Spiel. Obwohl wir heutzutage mit deutlich komplexeren Gehirnschaltungen ausgestattet sind, wir Zahlen, Daten, Fakten und inhaltsträchtige Argumente analysieren, Mathematik verstehen, so funktioniert die Kommunikation doch immer noch auf einer basaleren Ebene, die auf grundlegenden Überlebensfunktionen aufbaut. Deshalb ist es wichtig, auf die Körpersprache zu achten.

Was hat das nun alles mit dem Inhalt oder mit der eigenen Rhetorik zu tun? Das werde ich später noch ausführlicher aufzeigen. Ich möchte nur, dass Sie diesen wichtigen, grundsätzlichen ersten Punkt verstehen, dass es eben diese drei Ebenen (verbal, nonverbal, paraverbal) gibt, die teilweise völlig unterbewusst beim Publikum ablaufen, und die dementsprechend wichtig für die Kommunikation sind.

Einen weiteren theoretischen Baustein bildet das Shannon-Weaver-Modell, was auch gerne das Sender-Empfänger-Modell genannt wird. Es wurde 1949 von den zwei Forschern Claude E. Shannon und Warren Weaver erstellt, um den Kommunikationsablauf zu beschreiben (ursprünglich für eine Telefongesellschaft). Auch wenn es damals dafür gedacht war, Störungen bei der Telefongesellschaft zu finden und deren technische Ebene zu optimieren, wird es heutzutage oft im menschlichen Kommunikationskontext genutzt. Auch wenn es auf psychologischer Ebene stark vereinfacht ist, stellt es doch eine gute Herangehensweise dar, um verschiedene Kommunikationsteile identifizieren zu können.

Das Sender-Empfänger-Modell besteht aus drei Teilen: Sender, Botschaft, Empfänger. Die Botschaft geht vom Sender an den Empfänger. Der nimmt sie auf, verarbeitet sie, und dann geht die Botschaft wieder zurück an den...