Nur du kannst diese Sehnsucht stillen

von: Jennie Lucas

CORA Verlag, 2018

ISBN: 9783733710347 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 2,49 EUR

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Nur du kannst diese Sehnsucht stillen


 

1. KAPITEL

Ares Kourakis!

Überall in dem Club, in dem die Bässe wummerten und die Lichter pulsierten, raunte man sich seinen Namen zu. Der gut aussehende griechische Milliardär war tatsächlich in Star Valley.

Ruby Prescott verdrehte die Augen über das aufgeregte Getuschel und die ehrfürchtigen Blicke in Richtung des VIP-Bereichs. Ein gut aussehender Milliardär? Eher unwahrscheinlich! Ihrer Erfahrung nach waren Milliardäre grundsätzlich hässlich. Wenn nicht äußerlich, dann zumindest innerlich. So reich konnte man nicht werden, ohne eine verkorkste Seele zu bekommen.

Aber sie hatte wichtigere Sorgen. Der Tresendienst war ihr dritter Job heute, nach einem Skikurs für Vierjährige am Morgen und einer Nachmittagsschicht in einem Klamottenladen. Sie musste ständig gähnen und hatte noch eine ganze Nacht Arbeit vor sich. Ruby reckte sich, um wacher zu werden, und goss schnell und gekonnt Drinks ein.

„Unglaublich, dass er wirklich hier ist!“, flüsterte Lexie, eine der Kellnerinnen, ihr zu.

„Es wäre seltsam, wenn er nicht hergekommen wäre, nachdem er hier ein Haus gekauft hat.“ Ruby hatte zu dem Putztrupp gehört, der das Haus vor einem halben Jahr gereinigt hatte, bevor es für angebliche dreißig Millionen Dollar in den Besitz des Mannes übergegangen war. Ein schönes Haus, wenn man etwas für übertrieben große und luxuriöse Skihütten übrighatte. Sie goss ein Bier ein, stellte es auf den Tresen und sagte: „Was ist das überhaupt für ein Name? Ares!“

„Er sieht so toll aus und ist so reich, dass er heißen kann, wie er will. Ich würde ihn sofort heiraten.“ Lexie fuhr sich durchs Haar. „Was für ein Glück, dass er in meinem Bereich sitzt!“

„Und was für ein Glück, dass er sich angeblich gerade von seiner Freundin getrennt hat“, antwortete Ruby spöttisch.

„Echt?“ Lexie sah begeistert aus. Sie öffnete einen weiteren Knopf ihrer weißen Bluse, schnappte sich ihr Tablett und eilte zurück in die VIP-Ecke.

Ruby schenkte weiter Getränke aus. Heute war viel los im Atlas Club; es war der letzte Abend des Filmfests im März, und die Stadt war noch voller als sonst.

Milliardäre waren nichts Ungewöhnliches in Star Valley, dem Skiparadies in den Bergen von Idaho, das ein Sammelbecken der Reichen und Berühmten war. Um Weihnachten herum, wenn wohlhabende Familien zum Skifahren herkamen, war am meisten los. Und im Juli, wenn die Vorstandstagung von McFallon and Company stattfand und eine ganze Flotte von Privatjets im Tal landete.

Aber Ruby wusste, dass es keine Märchenprinzen gab. Je reicher und ehrgeiziger ein Mensch war, desto düsterer sah es in seinem Inneren aus.

Wieder erschien eine Kellnerin atemlos am Tresen. „Ich brauche drei Mojitos, einen ohne Zucker, einen mit Granatapfel, einen mit extra Limette, und die Frau hat gesagt, wenn zu wenig Minze drin ist, lässt sie ihn gleich zurückgehen.“

Ruby seufzte. Immerhin bestellten reiche Männer im Gegensatz zu ihren Freundinnen und Ehefrauen unkomplizierte Getränke wie Scotch auf Eis. Sie wandte sich ab, um die Cocktails zuzubereiten. Als sie die Drinks auf ein Tablett stellte, bemerkte sie eine junge Blondine im knappen roten Kleid, die versuchte, unbemerkt am Tresen vorbeizuhuschen.

„Ivy?“, fragte Ruby ungläubig.

Ihre neunzehnjährige Schwester zuckte zusammen und drehte sich um. „Äh, hi, Ruby.“

„Du darfst hier gar nicht drin sein! Wie bist du an den Türstehern vorbeigekommen?“

Ivy wurde rot. „Ich, äh, ich habe Alonzo gesagt, dass ich dich dringend sprechen muss, weil es einen Notfall mit Mom gibt.“

Ruby fuhr ein Schreck in die Glieder. „Was ist mit Mom?“

„Nichts, es geht ihr sehr gut. Sie hat geschlafen, als ich gegangen bin“, sagte Ivy beschwichtigend. „Ich habe gehört, Ares Kourakis ist hier.“

Oh nein. Ihre Schwester war auch von dem Virus befallen. „Das meinst du nicht ernst, oder?“

„Ich weiß, dass du denkst, dass ich zu jung bin. Aber ich habe einen Plan“, erklärte Ivy. „Ich werde ihn verführen. Ich muss nur ein paar Löcher in das Kondom pieken und schwanger werden, dann heiratet er mich. Dann sind wir all unsere Sorgen los.“

Ruby sah ihre Schwester entsetzt an. Sie traute ihren Ohren nicht. „Nein.“

„Es wird funktionieren.“

„Du willst im Ernst riskieren, von einem Mann geschwängert zu werden, den du überhaupt nicht kennst?“

Ivy kniff die Augen zusammen. „Ich werde mir doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, all das zu bekommen, wonach ich mich schon immer gesehnt habe. Ich will nicht werden wie du. Ständig redest darüber, wovon du träumst, aber du tust nichts, um dein Leben zu ändern. Weil du zu feige bist.“

Ruby starrte ihre kleine Schwester an und schnappte nach Luft. Es war, als habe Ivy ihr einen Schlag versetzt. Weil du zu feige bist …

„Ich werde meinen Traum verwirklichen“, fuhr Ivy fort, „und mir keine Sorgen um unbezahlte Rechnungen mehr machen. Sondern in Saus und Braus leben.“ Sie bedachte ihre Schwester mit einem verächtlichen Blick. „Du hast deine Träume vielleicht aufgegeben, aber ich nicht.“

Ivy, fünf Jahre jünger als Ruby, war immer das verwöhnte Nesthäkchen gewesen. Doch als Ruby ihre kleine Schwester jetzt mit ihrem roten Kleid und den High Heels ansah, bemerkte sie mit leisem Entsetzen, wie aberwitzig schön Ivy war. Es war zu befürchten, dass sie ihren fürchterlichen Plan wirklich in die Tat umsetzen konnte. „Mach das nicht“, bat sie. „Das kann ich nicht zulassen.“

„Versuch doch, mich aufzuhalten.“ Und schon war Ivy im Gedränge verschwunden.

Einen Moment lang war Ruby wie gelähmt. Erschöpfung, Angst und Sorgen – seit der Diagnose ihrer Mutter ihre ständigen Begleiter – gingen ihr an die Substanz und machten sie dünnhäutig.

Dass Ivy Ares Kourakis mit einem Trick dazu bringen wollte, sie zu heiraten, musste ein Witz sein. Ivy war schon immer allergisch gegen Arbeit gewesen, aber nicht einmal sie würde sich an einen Mann verkaufen, den sie nicht liebte – nur, weil er reich war.

Oder doch?

„Warte“, schrie Ruby und wollte Ivy hinterherlaufen, wobei sie mit Monty, der heute ebenfalls an der Bar arbeitete, zusammenstieß und eine leere Wodkaflasche krachend zu Boden fiel.

„Was ist denn mit dir los?“, zischte Monty.

Mit heftig pochendem Herzen schnappte sich Ruby wortlos einen Besen und fegte das Glas auf, bevor sie sich an Monty wandte. „Sorry, ich muss kurz weg.“

„Was? Sag mal, spinnst du? Ich kann nicht den ganzen …“

„Danke“, sagte Ruby und lief los. Beim Gedanken an Ivys Stimme lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter.

Ich muss nur ein paar Löcher in das Kondom pieken und schwanger werden, dann heiratet er mich.

Ruby straffte ihre Schultern und marschierte auf die VIP-Zone zu. In dem erhöht liegenden Bereich des Clubs sah sie hinter dem finster dreinblickenden Bodyguard des Milliardärs ihre Schwester bei einem großen dunkelhaarigen Mann sitzen.

Als spürte er Rubys Blick, wandte sich Ares Kourakis um und sah sie durchdringend an. Sein Blick ging ihr durch und durch. Eine sonderbare Beklommenheit ließ sie frösteln. Schon der Name des Mannes war unerhört aufregend – er fing mit einem griechischen Kriegsgott an und hörte mit dem englischen Wort für Kuss auf. Sie schüttelte den Kopf. Was war denn mit ihr los, dass sie so auf ihn reagierte? Es stimmte, was über ihn erzählt wurde – der Mann sah unglaublich gut aus. Und das bedeutete, dass er sicher umso egoistischer und herzloser war.

Sie würde nicht zulassen, dass er Ivys Leben ruinierte – und das eines etwaigen Kindes.

Ares Kourakis, sechsunddreißig Jahre alt, Alleinerbe des Vermögens der Reederei Kourakis und rund um den Globus bekannter Playboy, langweilte sich.

Er sah sich im Club um. Selbst hier, tief in den Bergen des amerikanischen Westens, gab es denselben teuren Scotch wie immer und dieselbe basslastige elektronische Musik wie überall. Ob in Stockholm oder Singapur – alles unterschied sich nur minimal.

Sogar die Frauen in den Clubs waren die gleichen. Klar, natürlich sahen sie anders aus. Aber sie waren immer derselbe Typ: dünn wie Models, schön wie Models, perfekt gestylt, mit langen Haaren, kurzen Röcken und hochhackigen Schuhen.

Und egal, ob ihre Augen braun oder schwarz oder grün waren, ihr Blick war stets von demselben Wunsch beseelt: ihn zu besitzen, was auch immer sie dafür tun mussten. Sie wollten sein Geld, sein Ansehen, seinen Körper.

Gegen Letzteres hatte Ares nichts einzuwenden. Normalerweise nahm er sich, was ihm angeboten wurde, und hatte keine Gewissensbisse dabei. Frauen, die hinter seinem Geld her waren und ihn in die Ehefalle locken wollten, wussten, was sie taten. Und er kannte ihre Spielchen. Also nahm er, was ihm geboten wurde, und beendete es, wenn es kompliziert wurde. Und er war gut in diesem Spiel. Er hatte es viele Jahre gern gespielt. Doch jetzt war ihm die Freude daran vergangen.

In diesem Winter hatte er so viel zu tun gehabt, dass er nicht dazu gekommen war, auch nur einen kurzen Abstecher zu der Skihütte in Star Valley zu machen, die er sich vor ein paar Monaten gekauft hatte. Er hatte geglaubt, dass er es genießen würde, ein Plätzchen zu haben, wo er sich erholen konnte, fernab von New York. Aber wie immer war er zu beschäftigt gewesen, um das Haus zu nutzen, nachdem er es gekauft hatte. Und dann hatte seine Geliebte, Poppy...