Romana Exklusiv Band 297

Romana Exklusiv Band 297

von: Liz Fielding, Catherine Spencer, Susan Fox

CORA Verlag, 2018

ISBN: 9783733744502 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 4,99 EUR

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Romana Exklusiv Band 297


 

1. KAPITEL

Sophie wusste sofort, wer da an die Tür ihres Hotelzimmers klopfte. Denn erstens hatte der Polizeichef ihr mitgeteilt, Robert Winter sei auf dem Weg nach St. Julien. Und zweitens klang das Klopfen nicht diskret und höflich wie das der Inselbewohner, sondern gebieterisch und ungeduldig. Genauso gut hätte er laut „Lassen Sie mich gefälligst rein!“ rufen können.

Obwohl sie Robert Winter erwartet hatte, zuckte Sophie erschrocken zusammen und sprang auf. Das laute Klopfen war, so fand sie, der tragischen Situation überhaupt nicht angepasst. Auf dem Weg zur Tür blieb sie kurz vor dem Spiegel stehen, obwohl sie genau wusste, dass ihr Haar perfekt frisiert und ihre Kleidung so dezent wie möglich war. Vielleicht wollte sie sich auch nur vergewissern, dass ihre Miene nicht verriet, was in ihr vorging.

Natürlich war sie traurig und aufgewühlt, was angesichts der Umstände nur natürlich war. Doch was sie empfand, wenn sie mit Robert Winter zusammen war, durfte er niemals erfahren.

Kaum hatte sie die Tür geöffnet, stürmte er schon ins Zimmer und sagte kalt: „Herzlichen Glückwunsch, Miss Casson. Meine Verlobte ist tot, und ihre Eltern sind am Boden zerstört. Ich hoffe, Sie sind mit Ihrem Werk zufrieden.“

„Es war ein Unfall.“ Sophie fragte sich, warum sie ihm nicht einfach erzählte, was wirklich passiert war, anstatt sich zu verteidigen. Denn sie trug keine Schuld an Barbaras Tod. Doch sich über die Fehler und Charakterschwäche einer Frau zu äußern, die gerade ums Leben gekommen war, schien ihr in diesem Moment völlig unangebracht – vor allem gegenüber dem Mann, der die Verstorbene wenige Monate später hatte heiraten wollen. Wenn er sich ein wenig vom Schock und von der anstrengenden Reise erholt hatte, könnte sie ihm immer noch genau berichten, wie der Unfall sich ereignet hatte.

Robert Winter zeigte jedoch wesentlich weniger Sensibilität als sie. „Sie mögen es als Unfall bezeichnen“, fuhr er kühl fort, „dass man Ihnen aber keine Fahrlässigkeit vorwerfen kann, müssen Sie mir erst noch beweisen. Vielleicht wäre ‚Totschlag‘ oder ‚Mord‘ sogar die treffendere Bezeichnung.“

Sophie war eine unabhängige, selbstbewusste Frau, die sich nicht leicht einschüchtern ließ. Doch angesichts dieser Vorwürfe wurde sie aschfahl.

„Mr. Winter“, begann sie unsicher und wich einen Schritt zurück, „ich war zum Zeitpunkt von Barbaras Tod nicht einmal in ihrer Nähe. Und von ihren Plänen bezüglich letzten Mittwoch wusste ich auch nichts. Wenn Sie mir nicht glauben, sollten Sie sich mit Inspektor Montand, dem Polizeichef, in Verbindung setzen. Er leitet die Untersuchungen und wird Ihnen bestätigen, dass ich ein Alibi habe und keinerlei Schuld an dem Unfall trage.“

„Da bin ich ganz anderer Meinung. Meiner Ansicht nach sind Sie sehr wohl für Barbaras Tod verantwortlich, Miss Casson. Sie haben meine Verlobte schließlich ermutigt, mit Ihnen hierher zu kommen. Und hätten Sie das nicht getan, wäre sie jetzt noch am Leben.“

Sophie wollte etwas entgegnen. Doch alles, was ihr einfiel, würde nur nach Ausreden klingen. Sie biss sich auf die Lippe und blickte durch die geöffneten großen Glastüren des Balkons nach draußen. Dort schien das Leben in voller Blüte zu stehen. Die Calypso-Rhythmen einer Steelband und das Rauschen der Wellen, die an den goldgelben Sandstrand schlugen, waren zu hören. Sophie ließ den Blick über das Hotelgelände gleiten, auf dem Kokospalmen und Hibiskus wuchsen, dessen leuchtend rote Blüten im Sonnenlicht zu glühen schienen. Der betörend süße Duft von Jasmin erfüllte die Luft. Aras hockten auf unbesetzten Liegestühlen und zeigten ihr glänzendes Gefieder. Es war kaum zu glauben, dass sich in dieser friedlichen, paradiesisch schönen Umgebung ein so furchtbares Unglück ereignet haben sollte.

Einen Moment lang schloss Sophie die Augen und dachte nach. Was konnte sie nur tun, um Roberts Schmerz über den Tod seiner Verlobten wenigstens ein wenig zu lindern? Sicher war auch er ebenso wie Barbaras Eltern am Boden zerstört. Wäre es dir lieber gewesen, ihm würde ihr Tod nichts ausmachen? fragte Sophie sich beschämt und verdrängte sofort den Gedanken – wie so viele andere, die ihr im Zusammenhang mit diesem Mann schon durch den Kopf gegangen waren.

„Ich habe Barbara keinesfalls gezwungen, mich zu begleiten, Mr. Winter“, erwiderte sie schließlich. „Es war schließlich ihre Idee. Sie war fest davon überzeugt, einen Tapetenwechsel zu brauchen, um den Winter zu überstehen. Wenn sie sich nicht entschlossen hätte, mit mir hierher zu kommen, wäre sie garantiert woandershin gefahren.“

„Haben Sie nicht daran gedacht, einmal zu hinterfragen, warum sie das wollte?“

„Warum hätte ich das tun sollen?“, rief Sophie, empört über seinen unausgesprochenen Vorwurf. „Barbara war schließlich eine erwachsene Frau, und außerdem kannte ich sie kaum. Wenn es jemandem hätte auffallen müssen, dass sie sehr impulsiv war und oft unüberlegt handelte, dann doch wohl Ihnen! Sie waren doch mit ihr verlobt.“

Nachdem Sophie das gesagt hatte, wirkte Robert plötzlich weniger feindselig. Ihr fiel auch plötzlich auf, wie wenig Robert bisher gelächelt hatte. Selbst zu Beginn ihrer Bekanntschaft mit Barbara hatte er nie wirklich glücklich gewirkt, obwohl er eigentlich allen Grund dazu gehabt hätte.

Sophie hatte Mitte September begonnen, auf dem Anwesen der Wexlers zu arbeiten, die einen der schönsten und größten Gärten von ganz Kanada besaßen. Dort hatte sie auch Robert kennen gelernt. „Kennen gelernt“ war vielleicht nicht der richtige Ausdruck, denn er nickte ihr nur kurz zu, als sie ihm vorgestellt wurde. Zuerst hielt Sophie ihn für einen Snob, der Angestellte nicht wie seinesgleichen behandelte, obwohl Sophies Referenzen bewiesen, dass sie ein Profi mit Erfahrung war.

Sie hatte das Gefühl, dass er absichtlich auf Distanz zu ihr blieb. Robert nahm kaum Notiz von ihr und schien nicht zu registrieren, wann sie kam oder ging.

Robert war groß und strahlte Autorität aus. Die Farbe seiner wunderschönen Augen wechselte je nach seiner Stimmung zwischen tiefem Jade- und kühlem Smaragdgrün. Sophie fand ihn äußerst attraktiv und beunruhigend zugleich, denn sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was in ihm vorging. Er war ihr ein Rätsel bis zu diesem furchtbaren Unglück.

„In vieler Hinsicht war Barbara wie ein Kind“, stellte er jetzt fest und ging unruhig auf dem gefliesten Boden hin und her. „Sie hatte keine Angst vor dem Tod, weil sie sich nicht vorstellen konnte, jemals zu sterben. Wenn mir ihre Reisepläne vorher bekannt gewesen wären, hätte ich natürlich versucht, sie davon abzubringen. Oder ich hätte Sie dringend gebeten, ein Auge auf Barbara zu haben. Allerdings verstehe ich eins nicht: Wenn Sie Barbara wirklich kaum kannten, warum sind Sie dann zusammen mit ihr in den Urlaub gefahren?“

„Es hat sich sehr kurzfristig ergeben“, erklärte Sophie. „Normalerweise verreise ich mit meiner Freundin Elaine. Doch sie hat drei Tage vor der Abreise Windpocken bekommen. Das habe ich zufälligerweise Barbara gegenüber erwähnt. Und als sie mir anbot, Elaine das Flugticket abzukaufen, habe ich natürlich zugegriffen. Elaine hatte nämlich keine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen und hätte sonst viel Geld verloren. Allerdings habe ich Barbara von Anfang an klar gemacht, dass sich nach der Ankunft unsere Wege für die meiste Zeit trennen würden.“

Plötzlich wirkte Robert wieder feindselig. „Mit anderen Worten, Barbara wurde Ihnen lästig, nachdem sie den finanziellen Verlust von Ihrer Freundin abgewendet hatte“, erwiderte er ironisch. „Ich bin wirklich zutiefst gerührt von Ihrer Großherzigkeit, Miss Casson!“

„Für mich ist das hier keine Erholungsreise, Mr. Winter. Ich bin zum Arbeiten hergekommen und nicht zu meinem Vergnügen, so wie Barbara. Dafür hatte sie auch volles Verständnis. Offenbar möchten Sie mir bei allem, was ich tue, nur schlechte Absichten unterstellen. Davon kann ich Sie leider nicht abhalten.“

„Und vermutlich ist es Ihnen auch egal.“

Das war es natürlich nicht, was Robert jedoch auf keinen Fall merken durfte.

„Ganz richtig“, erwiderte sie kühl. „Was Sie von mir denken, interessiert mich nicht im Geringsten, Mr. Winter. Denn Sie sind mir ebenso unsympathisch wie offenbar ich Ihnen. Vielleicht war Barbara am Mittwoch ja deshalb so unvorsichtig, weil ihr bewusst wurde, dass sie den Rest ihres Lebens mit Ihnen verbringen würde.“

Roberts Haut war immer leicht sonnengebräunt, sogar jetzt im Winter. Doch nun wirkte sein Gesicht aschfahl. Ganz offensichtlich litt er furchtbar unter dem Tod seiner Verlobten. Warum, um alles in der Welt, sage ich ihm nur solche Dinge? fragte Sophie sich erschrocken. Doch eigentlich war es ihr klar: Sie hatte Angst vor ihren Gefühlen.

Schon als sie Robert vorgestellt worden war, hatte sie eine heftige Sehnsucht verspürt und gleichzeitig gewusst, dass er ihr niemals gehören würde. Um sich selbst zu schützen, versuchte sie seitdem mit aller Macht, ihn unsympathisch zu finden. Und es funktionierte – zumindest bisher.

Plötzlich klingelte das Telefon. Erleichtert über die Unterbrechung, nahm Sophie den Hörer ab und legte ihn nach einem kurzen Gespräch wieder auf.

„Das war Inspektor Montand“, berichtete sie. „Er ist unten im Foyer und möchte mit uns beiden sprechen.“

„Warum mit uns beiden? Ich dachte, Sie seien bereits von jeglichem Verdacht freigesprochen!“

Sophie zuckte die Schultern und erwiderte betont gelassen: „Das müssen Sie...