Eve Dallas Band 1-3: - Rendezvous mit einem Mörder / Tödliche Küsse / Eine mörderische Hochzeit (3in1-Bundle) - Drei Romane in einem Band

von: J.D. Robb

Blanvalet, 2018

ISBN: 9783641236991

Format: ePUB

Kopierschutz: frei

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Preis: 19,99 EUR

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Eve Dallas Band 1-3: - Rendezvous mit einem Mörder / Tödliche Küsse / Eine mörderische Hochzeit (3in1-Bundle) - Drei Romane in einem Band


 

2

Kein Sperma. Fluchend überflog Eve den Autopsiebericht. Falls Sharon mit ihrem Mörder geschlafen hatte, hatte das von ihr gewählte Verhütungsmittel die kleinen Soldaten sofort bei der Berührung abgetötet und sämtliche Spuren innerhalb von dreißig Minuten nach Samenerguss vollkommen ausgewischt.

Auch das Ausmaß ihrer Verletzungen verhinderte zuverlässige Untersuchungen bezüglich möglicher sexueller Aktivitäten während der letzten Stunden ihres Lebens. Der Mörder hatte ihre Genitalien entweder aus Gründen der Symbolik oder aber, um sich selbst zu schützen, regelrecht zerfetzt.

Kein Sperma, kein Blut, außer dem des Opfers. Keine DNA.

Die Arbeit der Spurensicherung am Tatort brachte keine Fingerabdrücke zum Vorschein – keine: weder die des Opfers noch die ihrer wöchentlich erschienenen Putzfrau, und ganz gewiss nicht die des Mörders.

Jede Oberfläche einschließlich der der Tatwaffe war sorgfältig gereinigt worden.

Am aufschlussreichsten waren Eves Meinung nach demnach die Sicherheitsdisketten.

Noch einmal schob sie die Überwachungsdiskette des Fahrstuhls in ihren Computer.

Die Disketten waren initialisiert.

Gorham Komplex. Fahrstuhl A. 12. 2. 2058, 06.00 Uhr.

Eve stellte auf Schnelldurchlauf und beobachtete, wie die Stunden dahinflogen. Zum ersten Mal öffneten sich die Fahrstuhltüren mittags um zwölf. Sie verlangsamte das Tempo, schlug, als das Bild verwackelte, mit der flachen Hand gegen den Bildschirm, und studierte den nervösen kleinen Mann, der eintrat und den fünften Stock nannte.

Ziemlich schreckhaftes Kerlchen, dachte sie, und verfolgte halb belustigt, wie er an seinem Hemdkragen zerrte und sich ein Pfefferminz zwischen die Lippen schob. Wahrscheinlich hatte er eine Frau und zwei Kinder und einen ruhigen Job am Schreibtisch, der es ihm erlaubte, sich einmal die Woche für einen mittäglichen Quicky aus dem Büro zu stehlen.

In der fünften Etage stieg er aus.

Dann geschah mehrere Stunden lang so gut wie gar nichts. Hin und wieder fuhr eine Prostituierte mit dem Lift nach unten, während andere mit Einkaufstaschen und gelangweilten Gesichtern in ihre Wohnungen zurückkehrten. Ein paar wenige Kunden kamen und gingen, bis schließlich gegen acht ein wenig Leben in das Gebäude kam. Einige Bewohner gingen aus, elegant gekleidet für ein Essen in einem teuren Restaurant, andere kamen, weil Termine riefen.

Um zehn betrat ein elegantes Paar gemeinsam den Fahrstuhl, und die Frau gestattete dem Mann, ihren Pelzmantel zu öffnen, unter dem sie nichts trug außer Stöckelschuhen und der Tätowierung einer Rose, deren Stiel in Schritthöhe begann und deren Blüte spielerisch die linke Brustwarze lieb koste. Er knetete ihren Busen, was in überwachten Bereichen gesetzlich verboten war, und als der Fahrstuhl in der achtzehnten Etage schließlich hielt, zog die Frau ihren Mantel wieder zusammen, sie stiegen aus und begannen, angeregt über die Theatervorstellung zu plaudern, die sie zuvor besucht hatten.

Eve würde den Mann am nächsten Tag befragen. Er war der unmittelbare Nachbar und gleichzeitig Kollege des Mordopfers.

Dann sprang plötzlich, genau um null Uhr fünf, beinahe unmerklich, mit nur einem kleinen Blinken, die Zeitanzeige auf 2.46 Uhr.

Es fehlten zwei Stunden und einundvierzig Minuten.

Die Überwachungsdiskette aus dem Korridor der achtzehnten Etage wies dieselbe Lücke auf. Auch auf ihr hatte man beinahe drei Stunden gelöscht. Eve griff nach ihrer Tasse mit inzwischen kaltem Kaffee und grübelte darüber nach, was diese Löschungen verrieten. Der Kerl hatte eine gewisse Ahnung von Sicherheitsanlagen und kannte sich gut genug in dem Gebäude aus, um zu wissen, wo und wie er die Disketten manipulieren konnte. Außerdem hatte er sich Zeit gelassen. Der Autopsie zufolge war der Tod des Opfers gegen zwei Uhr eingetreten.

Er hatte vor ihrer Ermordung beinahe zwei und anschließend noch einmal fast eine Stunde in der Wohnung verbracht. Und trotzdem gab es nicht die geringste Spur.

Wirklich clever, dieser Bursche.

Falls Sharon DeBlass einen privaten oder beruflichen Termin für Mitternacht notiert hatte, so hatte er auch diesen Vermerk geschickt gelöscht.

Aus einem Gefühl heraus beugte sich Eve erneut über den Schreibtisch. »Gorham Komplex. Broadway, New York. Eigentümer.«

Gorham Komplex, Eigentum von Roarke Industries, Firmensitz 500, Fifth Avenue. Präsident und Vorstandsvorsitzender Roarke. New Yorker Adresse: 222, Central Park West.

»Roarke«, murmelte Eve. »Sie tauchen einfach immer wieder auf, nicht wahr? Roarke«, wiederholte sie ein wenig lauter. »Sämtliche Daten, auf dem Monitor und als Ausdruck.«

Ohne auf das Blinken des neben ihr stehenden Tele-Links zu achten, nippte Eve erneut an ihrem Kaffee und überflog den Text auf ihrem Bildschirm.

Roarke – Vorname unbekannt – geboren 6. 10. 2023, Dublin, Irland. Passnummer 33492-ABR-50. Eltern unbekannt. Familienstand ledig. Präsident und Vorstandsvorsitzender von Roarke Industries, gegründet 2042. Hauptfilialen New York, Chicago, New Los Angeles, Dublin, London, Bonn, Paris, Frankfurt, Tokio, Mailand, Sydney. Außerplanetarische Filialen Station 45, Bridgestone-Kolonie, Vegas II, Free-Star One. Beteiligungen an Immobiliengeschäften, Import-Export-Unternehmen, Reedereien, Unterhaltungsindustrie, Fertigungsbetrieben, pharmazeutischen Unternehmen, Speditionen. Geschätzter Bruttowert drei Milliarden achthundert Millionen.

Geschäfstüchtiger Knabe, dachte Eve und zog, als ein Verzeichnis seiner Unternehmen auf dem Monitor erschien, die Brauen in die Höhe.

»Ausbildung«, wollte sie wissen.

Unbekannt.

»Strafregister?«

Keine Angaben.

»Zugang Datei Roarke, Dublin.«

Keine zusätzlichen Angaben.

»Scheiße. Der große Herr Geheimnisvoll. Beschreibung und Bild.«

Roarke. Schwarze Haare, blaue Augen, Größe ein Meter fünfundachtzig, Gewicht 78,5 kg.

Eve stöhnte, als sie die Beschreibung und anschließend das Foto sah. Sie musste zugeben, dass in Roarkes Fall ein Bild ebenso viel wert war wie Hunderte von Worten.

Sein Foto starrte ihr entgegen. Er war beinahe lächerlich attraktiv: Sein schmales Gesicht mit den geschwungenen Wangenknochen und dem wohl geformten, wie gemeißelten Mund war rundherum ästhetisch. Ja, sein Haar war schwarz, doch der Computer hatte nicht verraten, dass er es aus seiner starken Stirn gestrichen hatte und in dichten, dunklen Wellen über seine breiten Schultern fallen ließ. Seine Augen waren blau, doch das Wort war viel zu simpel für die Leuchtkraft dieser Farbe oder für die eindringliche Stärke seines Blicks.

Bereits anhand des Fotos konnte Eve erkennen, dass dieser Roarke ein Mann war, der sich einfach nahm, was oder wen er wollte, ohne dass er dabei etwas so Frivoles wie ein Trophäenjäger war.

Und, dachte sie weiter, er war auch ein Mann, der töten könnte, falls und wenn es ihm gelegen kommen sollte. Er täte es kühl, methodisch, ohne ins Schwitzen zu geraten.

Sie schob die Ausdrucke zusammen und beschloss, sich einmal mit diesem Roarke zu unterhalten. O nein, nicht irgendwann einmal, sondern in allernächster Zeit.

Als Eve die Wache verließ, um nach Hause zu fahren, rieselten feuchte Schneeflocken vom Himmel. Ohne große Hoffnung suchte sie in ihren Taschen und merkte, dass sie tatsächlich ihre Handschuhe in ihrer Wohnung zurückgelassen hatte. Ohne Kopfbedeckung, mit nackten Händen und einzig ihrer Lederjacke als Schutz gegen den beißend kalten Wind, ging sie zu ihrem Auto und stieg ein.

Sie hatte die Kiste bereits seit Wochen reparieren lassen wollen, hatte jedoch einfach nie die Zeit dazu gehabt. Nun allerdings hatte sie jede Menge Zeit, sich selbst für diese Schlamperei zu schelten, als sie wegen der defekten Heizung zitternd vor Kälte hinter dem Lenkrad hockte und sich durch den dichten Verkehr kämpfte.

Sie schwor sich, falls sie tatsächlich ihre Wohnung erreichen sollte, ohne zuvor zu einem Eisblock erstarrt zu sein, umgehend einen Termin mit dem Mechaniker zu vereinbaren.

Doch als sie schließlich heimkam, galt ihr erster Gedanke ihrem knurrenden Magen. Bereits, als sie die Tür aufschloss, träumte sie von einer Schale heißer Suppe, vielleicht einem Haufen Pommes frites, falls sie noch welche hatte, und einer Tasse Kaffee, der nicht so schmeckte, als hätte jemand ihn mit Spülwasser gekocht.

Sofort sah sie das dünne, viereckige Päckchen hinter der Tür und hielt schon vor dem nächsten Atemzug die Waffe in der Hand. Waffe und Blick ins Wohnungsinnere gerichtet, trat sie die Tür hinter sich zu, ließ das Päckchen achtlos liegen und schob sich vorsichtig durch alle Räume, bis sie sicher wusste, dass sie vollkommen allein war.

Sie steckte die Waffe wieder in ihr Holster, schälte sich aus ihrer Jacke, warf sie achtlos auf das Sofa, bückte sich und griff vorsichtig nach der versiegelten Diskette. Sie war weder etikettiert noch war ein Brief oder ein Zettel angeheftet.

Eve trug die Diskette in die Küche, öffnete vorsichtig das Siegel, schob sie in ihren Computer.

Und vergaß jeden Gedanken an das Essen.

Sowohl die Bild- als auch die Tonaufnahmen hatten eine hervorragende Qualität, und während sie auf ihren Bildschirm starrte, sank sie leblos auf einen Sessel.

Sharon DeBlass lag nackt inmitten des raschelnden Satins auf ihrem riesengroßen...