In der Ferne der Fuji wolkenlos heiter - Moderne Tanka. Mit fünf meisterhaften Kalligrafien des Autors - Übersetzt von Eduard Klopfenstein

von: Wakayama Bokusui

Manesse, 2018

ISBN: 9783641223540 , 144 Seiten

Format: ePUB

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Preis: 12,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

In der Ferne der Fuji wolkenlos heiter - Moderne Tanka. Mit fünf meisterhaften Kalligrafien des Autors - Übersetzt von Eduard Klopfenstein


 

Weiße Schwäne

seid ihr nicht traurig

so zu schweben

ungefärbt vom Blau des Himmels

vom Blau des Meeres

1907

I, 13, 1

Im Dunkeln

ist es nun kühler – noch kühler

der Sand

Ich lege mich nieder am Strand

lausche den schwarzen Fluten

Sommer 1906/07

I, 14, 3

Auch heute

dichte ich Verse

weiß nicht warum

getrieben von Sehnsüchten

Traurigkeiten

1907

I, 12, 1

In der Ferne der Fuji

Im Lande Musashi

strahlender Herbstmorgen

Ein Tag zum Buchweizensäen

Hinaus ihr Enkel  kommt mit!

Herbst 1904

I, 301, 3

Vogelgezwitscher

wie plätscherndes Wasser

Bergkirschen blühen

zur Mittagszeit  zwischen Kiefern

in Waldestiefe

Mai 1906

I, 35, 9

Angelehnt neige ich

mein Gesicht zum Baum hin

Da pocht an die Wange

kaum spürbar der Pulsschlag

des herbstlichen Waldes

Herbst 1906

I, 23, 3

Dort wo die Berge

sich drängen  im Lande Hyūga

wohnt an dem einen Berg

die Mutter  nach der ich mich sehne –

strahlender Herbsttag

November 1906

I, 33, 1

Mutter  voll Liebe

denk ich an dich  ein Abend

an dem mir die Berge

der Heimat vor Augen stehen

in voller Blütenpracht

Februar 1907

I, 29, 3

Vater! Mutter!

Wie ehrwürdige Göttergestalten

habt ihr gelebt

getragen von Erinnerungen

unter Bergkirschblüten

Februar 1907

I, 29, 5

Den Fluss hinunter

geht es zum Meer: blau wogende

Wellen – die Stadt

gefärbt von aufbrechenden

Knospen der Bergkirschbäume

Februar 1907

I, 37, 5

Zwei Wolken

streben aufeinander zu

trennen sich wieder

schwinden dahin in die blaue Weite

des Frühlingshimmels

Februar 1907

I, 39, 2

Sie stampfen die Erde

und bleiben doch ohne Laut

meine Strohsandalen

Kurz vor dem Aufblühn: wilde Kirschen

Bergesstille

Frühling 1907

I, 44, 3

Auch heute wieder

geh ich weiter  sehnsuchtsvoll

lasse mein Herz

das Pilgerglöcklein

klingen klingen

Juni 1907

I, 45, 1

Wenn viele Berge

Flüsse überschritten sind

kommt wohl ein Land

wo Einsamkeit ein Ende hat

Auch heute geht die Reise weiter

Juni 1907

I, 45, 3

Sehnsüchtige Liebe –

einfach nur dies  von Groll oder Zorn

nicht die leiseste Spur

jetzt in der Dämmerung  da ich mich

an die Brüstung der Herberge lehne

Juli 1907

I, 46, 3

Stell dir vor: Eine

mächtige alte Schirmpalme –

und auch den Mann

der im Palmwedelschatten

wie versteinert aufs Meer blickt

Juli 1907

I, 46, 7

Im Lande Hyūga

wo das Kap von Toi

sich vorschiebt

in die blaue Flut – dort an der Spitze

lausche ich allein dem Meer

Juli 1907

I, 47, 2

Kläglich tönt’s

als kaum hörbare

Stimme

aus der angeschwemmten Kokosnuss –

bläst man in die hohle Schale

Juli 1907

I, 47, 1

Das Schiff legt an

Ein sternenübersäter Himmel

spannt sich übers Land

und mittendrin erhebt sich

wundersam der Berg

August 1907

I, 47, 6

Wenn es Abend wird

senken sich irgendwann

die Wolken herab

lagern sich zum Schlaf auf die Gipfel

dieses gebirgigen Landes

August 1907

I, 49, 3

Sieh nur  wie unter

herbstlicher Sonne Gräser und Bäume

verstummen

wie sie sich bald mit dem Gelb

des Verblühns und Verwelkens färben

Herbst 1907

I, 33, 6

Kokawa-Tempel –

Höre wie Scharen von Pilgern

mit ihren Glöckchen

vorüberbimmeln

zwischen herbstlichen Bäumen

Herbst 1907

I, 53, 5

Stielblütengräser

Rote Pimpernelle Binsenhalme –

Herbstgräser

als Zeichen tiefer Einsamkeit

will ich dir schicken

Herbst 1907 (?)

I, 144, 3

Ich irre umher

zwischen dem sonnengleißenden Meer

dem Himmel

und deiner Brust

wo mein Herz ruht

Neujahr 1908

I, 16, 1

Ah unsere Küsse –

Das Meer bewege sich nicht!

Die Sonne stehe still!

Und der Vogel sterbe dahin

im Fluge  hier und jetzt!

Neujahr 1908

I, 16, 3

Wir küssen –

vor uns ausgebreitet

endlos

die Weite des Meeres

Gott wo verweilst du …

Neujahr 1908

I, 16, 4

Sieh die Berge

die Berge im Glanz der Sonne

Sieh das Meer

das Meer im Glanz der Sonne

Und nun deine Lippen  Geliebte …

Neujahr 1908

I, 16, 5

Mitten am Tag –

tot liegt die blaue Meeresfläche da

Im Schatten der Felsen

wuseln winzige Muscheln

auf der Suche nach einer Gefährtin

Neujahr...