Multiple Sklerose und (sehr viel) Vitamin D - Meine erfolgreiche Behandlung mit dem Coimbraprotokoll für Autoimmunerkrankungen

von: Ana Claudia Domene

riva Verlag, 2018

ISBN: 9783745303483 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 11,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Multiple Sklerose und (sehr viel) Vitamin D - Meine erfolgreiche Behandlung mit dem Coimbraprotokoll für Autoimmunerkrankungen


 

Kapitel 3

Das Coimbraprotokoll


»Überdies betrachtet die evidenzbasierte Medizin kontrollierte Studien als überflüssig, wenn die heilsamen Effekte offensichtlich sind. Wie können wir Placebos an Patienten mit ernsten Erkrankungen verteilen, nur um die Vorteile einer Behandlung wissenschaftlich nachzuweisen, von der wir bereits wissen, dass sie erfolgreich wirkt?«

Dr. Cicero G. Coimbra

Was ist das Coimbraprotokoll?


Das Coimbraprotokoll ist ein therapeutischer Ansatz zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen mithilfe hoher Dosen Vitamin D, um die fehlgeleiteten Attacken des Immunsystems zu stoppen.

Vitamin D ist der wirksamste Immunmodulator in unserem Körper. Wenn der Wert unseres Vitamin-D-Spiegels optimal ist, laufen die grundlegenden Prozesse in unseren Zellen uneingeschränkt ab. Laut Dr. Coimbra haben jedoch fast alle seiner Patienten, die an Autoimmun­erkrankungen leiden, eine erhöhte Resistenz gegenüber der Wirkung von Vitamin D. Diese Resistenz ist vermutlich genetisch bedingt und kann zusätzlich durch Faktoren wie Körpergewicht, Body-Mass-Index und Alter beeinflusst werden. Daher benötigen Patienten mit Auto­immunerkrankungen einen höheren Vitamin-D-Spiegel, um die heilsamen Effekte dieses wichtigen Hormons auf all ihre Zellen und ihr Gewebe zu ermöglichen.

Wie fing es an?


Im Jahr 2002 bemerkte Dr. Coimbra, dass die empfohlenen Tagesdosen von 200 bis 600 IE nicht ausreichen, um den Vitamin-D-Spiegel von Patienten mit Multipler Sklerose anzuheben. Er begann mit der Anwendung physiologischer Dosen von 10 000 IE pro Tag, jene Menge, die unser Körper von selbst bildet, wenn er für ein paar Minuten der Sonne ausgesetzt ist. Unter dieser Dosis beobachtete Dr. Coimbra eine bemerkenswerte klinische Verbesserung bei dem Großteil seiner Patienten. Ab diesem Zeitpunkt hob er die Tagesdosen weiter an, immer unter kontinuierlicher Kontrolle durch Labortests, um sicherzustellen, dass die Patienten keine Nebenwirkungen hatten. Durch diese Erhöhung wurden viele der Patienten komplett symptomfrei und zeigten keine Anzeichen ihrer Krankheit mehr.

Im Laufe der folgenden zehn Jahre modifizierten und perfektionierten Dr. Coimbra und sein Team die Behandlung, vor allem im Hinblick auf die verschriebenen Tagesdosen, die ständig höher wurden. Ab 2012 erreichten sie den angestrebten Wirkungsgrad und das Coimbraprotokoll wurde ungefähr zu dem, was es heute ist.

Wie wird das Coimbraprotokoll angewandt?


Das Coimbraprotokoll erfordert hohe Dosen an Vitamin D, die sich im Bereich von 40 000 IE bis 200 000 IE pro Tag bewegen. Für gewöhnlich bleibt die Tagesdosis bei circa 1000 IE pro Kilogramm Körpergewicht. Dies ist jedoch nur die Grundregel, da die Dosen für jeden Patienten im Laufe der Behandlung anhand von Laborergebnissen angepasst werden.

Es gibt Fälle, in denen Patienten eventuell zu Beginn der Behandlung für ein paar Tage eine höhere Einstiegsdosis erhalten. So kann beispielsweise jemand mit starkem Übergewicht eine erhöhte Resistenz gegenüber Vitamin D aufweisen. Laut Dr. Coimbra kann die Gabe höherer Einstiegsdosen zu Beginn der Behandlung das Auftreten von Schüben verhindern, was hilfreich sein kann, da es mindestens zwei Monate dauert, bis ein stabiler Vitamin-D-Spiegel im Blut aufgebaut ist. Vitamin D kann auch die Remyelinisierung kürzlich entstandener MS-Läsionen fördern, was ein weiterer Grund für ein aggressiveres Vorgehen zu Beginn der Behandlung von Patienten mit demyelinisierenden Krankheiten ist, die erst kürzlich einen Krankheitsschub hatten und Gefahr laufen, Behinderungen zu erleiden. Der Arzt wird die Entscheidung treffen, ob ein Patient zu Beginn mit einer höheren Dosis behandelt wird.

Im Behandlungsverlauf kann sich der Vitamin-D-Spiegel zwischen 300 und 4000 ng/ml bewegen. Dies liegt weit über dem von Laboren als normal ausgewiesenen Bereich von 30 bis 100 ng/ml.

Warum brauchen Patienten mit Autoimmun­erkrankungen derart hohe Vitamin-D-Spiegel?


Patienten mit Autoimmunerkrankungen brauchen höhere Vitamin-D-Spiegel, da sie eine Resistenz gegen diese Substanz aufweisen. Diese Resistenz hängt eng mit dem zusammen, was als genetische Polymorphismen bezeichnet wird, kleine Mutationen unserer Gene, die weit verbreitet sind. Diese kleinen Mutationen treten spontan auf, werden genetisch vererbt oder durch Umweltfaktoren wie Rauchen, Ernährung, Medikamente oder Drogen ausgelöst.

Damit unser Körper durch den Kontakt mit Sonnenlicht Vitamin D bilden kann, sind viele koordiniert verlaufende Prozesse notwendig, an denen zahlreiche Gene beteiligt sind.

Wenn eine Person Mutationen an einem oder mehreren dieser beteiligten Gene aufweist, wird sie mehr oder weniger gegen die biologischen Effekte von Vitamin D resistent und benötigt höhere Dosen. Aus diesem Grund werden die Tagesdosen individuell vom Arzt bestimmt. Eine Person, die nur an einem der Gene oder nur an einem Punkt des Prozesses eine Mutation aufweist, hat keine so ausgeprägte Resistenz. Hat ein Patient hingegen Mutationen an verschiedenen Punkten des Prozesses, wird er eine höhere Resistenz für die Wirkung von Vitamin D aufweisen.

Was ist der ideale Vitamin-D-Spiegel?


Ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel ist individuell verschieden, daher gibt es keinen idealen Vitamin-D-Spiegel. Der Vitamin-D-Spiegel im Serum (Blut) wird anhand des sogenannten 25-OH-D3-Wert gemessen. Beim Coimbraprotokoll wird die Tagesdosis nicht anhand des Vitamin-D-Spiegels festgelegt. Um zu bestimmen, ob der Vitamin-D-Spiegel und die Tagesdosis angemessen sind, wird der PTH-Wert gemessen – also der des Hormons Parathormon, auch Parathyrin genannt.

Parathormon wird von der Nebenschilddrüse ausgeschüttet. Vita­min D unterdrückt PTH; daher fällt der PTH-Wert, wenn der Vitamin-D-Spiegel steigt. Wenn PTH vollständig unterdrückt wäre, würde Vitamin D seine volle biologische Wirkung entfalten. Da PTH jedoch auch wichtige Funktionen im Körper hat, können wir den Spiegel nicht vollständig absenken, sondern halten ihn lediglich an der untersten Grenze des normalen Referenzwertes oder knapp darunter.

Der PTH-Wert wird zu Beginn der Behandlung und dann regelmäßig im weiteren Verlauf der Behandlung gemessen. Solange der PTH-Spiegel nicht die untere Grenze des Normalbereiches erreicht, wird die tägliche Vitamin-D-Dosis erhöht, bis der gewünschte PTH-Wert erzielt wurde. Im Laufe der Behandlung ist zu erwarten, dass PTH die untere Grenze des Normalbereichs erreicht und dort stabil bleibt. Sobald dies geschieht, ist die Vitamin-D-Resistenz überwunden, und der Patient beginnt, von den leistungsstarken immunmodulatorischen Effekten auf zellulärer Ebene zu profitieren. Es dauert circa zwei Jahre – ungefähr vier Behandlungstermine –, um die Vitamin-D-Dosis anzupassen. Nach diesem Zeitraum dreht sich die Behandlung im Wesentlichen um die Aufrechterhaltung eines angemessenen PTH-Spiegels und Kalziumwertes sowie der Überwachung weiterer Stoffwechselvorgänge.

Ist das Coimbraprotokoll für jeden geeignet?


Nur ein ausgebildeter Arzt kann entscheiden, ob ein Patient ein guter Kandidat für die Behandlung mit dem Coimbraprotokoll ist. Vor Beginn der Einnahme hoher Dosen Vitamin D sind bestimmte Parameter abzuklären, zum Beispiel das Vorhandensein eventueller Erkrankungen an den Nieren oder der Schilddrüse. Einige wenige Erkrankungen, wie die Sarcoidose, lösen bei Patienten eine ungewöhnliche Sensibilität gegenüber Vitamin D aus. Generell ist das Coimbraprotokoll für die meisten Patienten mit Autoimmunerkrankungen geeignet, aber nur ein gut ausgebildeter Arzt ist in der Lage, Ihren Gesundheitszustand und eventuelle Krankheiten vor Beginn Ihrer Behandlung einzuschätzen.

Wirkt das Coimbraprotokoll auch bei Patienten, die bereits seit vielen Jahren eine Autoimmunerkrankung haben?


Ja. Das wichtigste Ziel bei der Behandlung mit hohen Dosen Vitamin D ist es, die Krankheitsprogression zu stoppen, und das kann auch bei ­Patienten erreicht werden, deren Erkrankung sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet. Vitamin D kann auch zu einem gewissen Grad bereits vorhandene Schäden heilen, aber dies geschieht eher bei erst kürzlich entstandenen Schäden, wie beispielsweise demyelinisierten Läsionen der Multiplen Sklerose, die nicht älter als zwei Jahre sind. Die Ergebnisse der Behandlung sind daher, wie bei jeder medizinischen Intervention, umso besser, je früher ein Patient damit beginnt, obwohl er in jedem beliebigen Stadium der Erkrankung von den hohen Dosen Vitamin D profitiert.

Kann das Coimbraprotokoll zusammen mit der konventionellen Therapie durchgeführt werden?


Grundsätzlich ja. Es gibt keine schädlichen Wechselwirkungen zwischen hochdosiertem Vitamin D und konventionellen Medikamenten gegen Autoimmunkrankheiten. Das Problem bei der gleichzeitigen Behandlung ist, dass das Vitamin D dann weniger wirksam sein wird, da die meisten Medikamente, die gegen diese Krankheiten verschrieben werden, Immunsuppressiva sind, also das Immunsystem unterdrücken. Vitamin D hingegen ist ein potenter Immunmodulator und kann der Erhöhung der körpereigenen Abwehr gegen Infektionskrankheiten bei gleichzeitiger Unterdrückung der Autoaggression dienen. Für gewöhnlich stellen die Patienten im Coimbraprotokoll ihre konventionelle Therapie ein, sobald sie sich gut und sicher genug fühlen, dies zu tun.

Gibt es Nebenwirkungen?


Vitamin D fördert die Kalziumabsorption aus dem Darm. Das führt bei der Einnahme von hochdosiertem Vitamin D zu möglichen Nebenwirkungen. So kann es über einen längeren Zeitraum zu einem Überschuss an Kalzium im...